»War die Welt schon immer so düster?« Die Frage stellte die Berliner Produzentin und Sängerin Annegret Perel Fiedler schon Anfang Februar, als ihre Single »Real« erschien, ein Vorbote für ihr zweites Album, »Jesus Was an Alien«. Das war wenige Wochen vor Beginn des Kriegs Russlands gegen die Ukraine. Ihr Blick auf die Welt hat sich leider als bis auf weiteres aktuell erwiesen. Musikalisch versetzt einen die Nummer in eine Art Disco-Trance, wird zugleich geerdet durch diesen entwaffnend ratlosen Gesang, der sich seiner vielen Fragen ohne Antworten kein bisschen schämt. Im Titelsong gibt es musikalisch eine ähnlich stroboskopische Grundierung, bloß dass Perel, selbst eine versierte Vokalistin, hier ein Duett mit der kanadischen Kollegin Marie Davidson aufbietet. Überhaupt die Stimme: Spätestens seit ihrer EP »Karlsson« hat Perel sich einen festen Platz im Herzen des Verfassers gesichert, und der außerirdische Blick auf den Heiland, den sie diesmal gewährt, verstärkt das noch einmal. Kurze Interludien unterstreichen den Weltraumcharakter ihres Anliegens, im Kern geht es aber um das Fortschreiben der ehrwürdigen Techno-Pop-Tradition. Warme Synthesizerbässe, eingängige Harmonien wie im passend betitelten »The Principle of Vibration«, dazu schwingt sich Perel allein durch ihre markante Artikulation weit nach draußen. Ein großer Wurf und eines der besten Kompakt-Alben seit einer ganzen Weile.
Jesus Was An Alien