Die Erkenntnis, dass allerspätestens mit der Öffnung des Bebop Richtung voller Spiritualität Tür und Tor offen standen für ambiente Jazz-Stücke, die haut nun wirklich niemand mehr vom Hocker. Dennoch: War die Spiritualität schon vorher immer auch Thema der Fire Music – wie etwa die Spiritual Jazz-Reihe schon hinlänglich durchexerziert hat – konnte sie nun eben Träger der eigentlichen Musik werden. Perfekter Beweis dafür ist »Sapana«, wenngleich die Platte erst 1983 entstanden ist; also fast eine ganze Generation zu spät. Aber: Amancio D’Silva war seit seiner ersten Veröffentlichung »Integration« bereits 1969 nicht bloß Teil der »Indio-Jazz«-Bewegung, sondern einer ihrer Köpfe. Der 1936 im kolonialisierten Mumbai – damals von den Briten als Bombay bezeichnet – geborene Gitarrist interessierte sich schon früh für Saitenmaestros wie Wes Montgomery und übersetzte deren Jazz-Gitarre in einen elastischen, synkretistischen Sound. Hier trafen London und Mumbai; Kolonialmacht und Subkontinent; Goa (seine Eltern stammten daher), das Meer und die Freiheit auf die Enge der englischen Großstadt. Jetzt darf man aber nicht glauben, dass Amancio D’Silva ein verirrter Bhagvan-Jünger war; nein, das hier ist ja der real deal, Leute. Es geht erstmal um die musikalische Erfahrung und dann um eine geistige Reise. Dass dafür die uralten Klänge der hinduistischen Geschichte Pate und Ahnherr stehen, ist zwar kein Zufall, aber eben auch nicht hochreligiös zu sehen. Dennoch schadet es nicht ein paar Räucherkerzen anzumachen und mal die Augen zu schließen, zu lauschen, zu erkennen.
Sapana