Blitz the Ambassador ist in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung im internationalen Rap. Mit seinen vor Energie strotzenden Liveshows und einer extrem interessanten persönlichen Vita im Rücken, erspielte sich der in Accra, Ghana aufgewachsene Rapper eine Fanbase, zu der unter anderem Questlove und die Roots, Chuck D, Roy Ayers und Fashawn zählen. Dabei erschafft er auf Native Sun eine druckvolle Symbiose aus traditionellen afrikanischen Sounds, Highlife und Rap, die zu jeder Zeit Stand der Kunst ist und mit Weltmusik-Klischees aber mal so gar nichts zu tun haben will. Wir trafen Blitz the Ambassador bei seinem Tourstop in Köln zum Interview.
Blitz the Ambassador: Oh, ist das das Saul Williams-Buch The Dead Emcee Scrolls’?
Genau, es gibt da eine bestimmte Stelle, die sich bei Dir ganz ähnlich wiederfindet. In Best I Can heißt es »Runnin’ barefoot in the streets of Africa, listenin’ to Rakim«. Bei Saul Williams steht »not until you listened to Rakim on a rocky mountain top / have you ever heard hip-hop«. HipHop und speziell Rakim funktionieren scheinbar auch außerhalb des New York State of mind…
Blitz the Ambassador: Klar, Accra, wo ich herkomme ist natürlich schon eine Großstadt, aber es ist schon sehr anders. Nur, in dieser Umgebung Rakim zu hören hat, das hat alles verschoben. Er hat den Style geprägt, den 80 Prozent der heutigen Rapper benutzen, inklusive mir. Es war diese neue technische Ebene, die so etwas wie einen »ill MC« erst begründet hat und die überall auf der Welt funktioniert. Ich denke, Saul Williams hat da ganz ähnlich gefühlt.
Mit welcher Musik bist Du aufgewachsen, bevor du Rakim entdeckt hast?
Blitz the Ambassador: Ich hatte glücklicherweise ein musikbegeistertes Umfeld. Meine Eltern hatte viele Highlife-Platten, aber auch Stax, Motown etc. Mein 5 Jahre älterer Bruder war derjenige, der mich zum Hip Hop gebracht hat. Damals war ich 8, 9 Jahre alt und habe alles gehört, was er uns vorspielte.
Wann und warum hast du Dich entschieden, in den Staaten zu studieren?» Sag bescheid, wenn ich helfen kann.« Afrika ist zu reich, kulturell und finanziell, um ständig am unteren Rand zu stehen. Afrika ist weder eine Entität, noch †ºarm, aber glücklich†¹. Das ist alles Bullshit, der nur die Erzählweise einer bestimmten Agenda aufrecht erhält.«
Blitz the Ambassador
Blitz the Ambassador: Es war um 1999, 2000 herum. Damals passierte so viel im Hip Hop und wir in Ghana hatten diese BET Aufnahmen, Tapes etc., die wir kultisch verehrt haben. Bis dahin hatte ich die Kultur immer nur aus der Ferne mitbekommen und plötzlich wollte ich unbedingt dorthin, wo all diese aufregenden Dinge passieren. Meine Familie war nicht sonderlich begeistert von meinem Vorhaben (lacht). Eine gute Bildung zu erlangen ist für viele Haushalte in Afrika das höchste Gut, daher war mein College-Stipendium also das große Argument auf meiner Seite. Außerdem war ein Teil meiner Familie in Brooklyn. Studiert habe ich dann aber im Niemandsland von Ohio. Die Stadt war winzig, also war ich fast jedes Wochenende in New York. Der Vorteil von Ohio war allerdings, dass ich einer der ganz wenigen Rapper war und ständig bei Shows auf dem Campus vor vielen Leuten auftreten konnte, was in New York viel schwieriger ist.
In deinen Lyrics sprichst du oft über ein diffuses Schuldgefühl, von dem viele Exil-Afrikaner, die ihm Ausland studieren oder arbeiten, berichten…
Blitz the Ambassador: Ja, es ist eine wirklich seltsame Situation. Man fühlt sich fast in der Verantwortung, seine erworbene Ausbildung in der Heimat zu nutzen. Egal, wo du bist, in Europa, in den Staaten – man denkt, dass der Beitrag, den man hier leisten kann, nie so viel Unterschied macht wie beispielsweise in Accra. Gleichermaßen bemerkt man im Ausland aber auch wie sehr der Diskurs über deine Heimat von Leuten geprägt wird, die noch nie in Afrika waren! Und das regt dich dann noch mehr auf, denn du könntest auch in Ghana sein und die Geschichte richtig erzählen, von dort, wo sie passiert. Aber ich finde Trost darin, als Rapper und Musiker diese Sichtweise afrikanischer Migranten präsentieren zu können.
»People think that Africa’s synonymous with charity«, heißt es auf deinem Album. Diese Art der Außenwahrnehmung scheint dich ebenfalls sehr aufzubringen.
Blitz the Ambassador: Oh, definitiv! In vielerlei Hinsicht, zumal dieser Mythos seit Jahrzehnten von Leuten am Leben erhalten wird, die den Kontinent seiner Güter bestehlen. Teilweise liegt es auch an den Charity-Organisationen selbst, die glauben, mit der richtigen Schockwirkung käme man besser an Spenden. Die eigentlichen Probleme aber, unfairer Handel, der ständige Raub natürlicher Ressourcen etc. werden dadurch nicht verhindert. Es ist, als ob ich dir alles klaue, was Du besitzt und dann sage: »Hey, brauchst Du ein Shirt? Sag bescheid, wenn ich helfen kann.« Afrika ist zu reich, kulturell und finanziell, um ständig am unteren Rand zu stehen. Afrika ist weder eine Entität, noch »arm, aber glücklich«. Das ist alles Bullshit, der nur die Erzählweise einer bestimmten Agenda aufrecht erhält.