Shlohmo – Er weiß noch, was »Bromance« ist

27.03.2012
Foto:Friends Of Friends
Mit seinem Album »Bad Vibes« gelang ihm letztes Jahr der Durchbruch. Bei Shlohmo scheint das noch nicht angekommen zu sein: Er ist der Homeboy mit dem du Kette rauchen und Lyrics von Drake rezitieren willst.

Shlohmo sitzt ganz in schwarz gekleidet in einem kühlen Zimmer über dem Kölner Club Subway. Er fragt mich nach den ausgetauschten Gedanken nach einer Zigarette. Seine hatte er bereits aufgeraucht. Über den, mit leeren Bier- und Weinflaschen bedeckten Couchtisch reiche ich ihm eine. Gemeinsam füllen wir den hässlichen gelben Aschenbecher in der folgenden Stunde bis zum Rand. Dass ihm mit »Bad Vibes« 2011 der Durchbruch gelungen ist, ist in Shlohmos Ego noch nicht angekommen. Er lächelt freundlich, fast schüchtern, sitzt ohne Hektik zu verbreiten auf der Couch gegenüber; er scheint Interviews sowie den folgenden Auftritt noch als das zu sehen, was sie sind: Bestätigungen seiner Arbeit als Musiker. Spätestens als Shlohmo sagt »hands down, Drakes ›Take Care‹ might be one of the best albums ever« hätte ich ihn am liebsten in meine Peer-Group adoptiert. Ich frage stattdessen erstmal sachlich, ob er sich vorstellen könne, selbst gezielt für einen Rapper zu produzieren – seine Remixe für u.a. Gucci Mane, Waka Flocka und eben Drake zeugen ja von einer Vorliebe für Rap. »Absolut«, sagt er, »das wäre schon ein Traum«. Wenn er für Drake produzieren könnte, würde er versuchen diesem mit seinen Instrumentals ähnlich viel Platz zu lassen wie es Noha »40« Shebib macht. Der ist für ihn einer der drei besten Produzenten derzeit.

Shlohmos Sound wird gerne schnell mal mit »entspannt« beschrieben; etwas wogegen sich der 21-jährige Produzent wehrt: »Auf ›Places‹ habe ich v.a. dunkle Stimmungen verarbeitet. Ich versuche immer Gefühlslagen einzufangen. Die Stimmung auf der neuen EP ist viel freundlicher.« Dass er den Wohnort gewechselt hätte, wäre ein Grund dafür. Inzwischen wohnt Henry Laufer, so sein bürgerlicher Name, in New York. Es sei Zeit gewesen aus Los Angeles wegzuziehen. Nichtsdestotrotz verdanke seine Musik der Stadt viel: Natürlich waren die regelmäßigen Besuche auf den »Low End Theory«-Parties eine große Quelle der Inspiration, aber auch »die große Fläche und die etlichen dunklen, fast leblosen Ecken Los Angeles‘« hätten ihn zu einigen Songs inspiriert.

»Für Drake produzieren, das wäre schon ein Traum.«

Shlohmo
Shlohmo ist Teil der »Generation Internet«, die Digitalisierung von Musik ist nichts, das ihn stören würde: »Ich habe zwar am Anfang ganz klassisch meine selbst gebrannten CDs sozusagen aus dem Kofferraum verkauft, aber ich kann mich jetzt inzwischen genauso freuen, wenn jemand mein Album downloaded. Ich freue mich über jeden Klick auf den Downloadbutton, wie ich mich damals gefreut habe, wenn mir jemand die CD abgekauft hat.« Nur einmal verfliegt sein Schmunzeln und weicht einem Stirnrunzeln. ich hatte ihn zu seiner Meinung nach der Rolle von großen Musikportalen gefragt. »Natürlich finde ich solche Seiten wichtig. Sie sind ja v.a. eine Plattform für uns Künstler und steigern unseren Bekanntheitsgrad. Ich finde es aber schwierig, wenn die Seite an sich, sich wichtiger nimmt, als die Musiker. Es sollte nicht im Interesse solcher Seiten sein, durch überzogen harte Kritik Karrieren teilweise sogar zu zerstören«, sagt er speziell zu Pitchfork.

Wir haben beide inzwischen wieder eine Zigarette im Mund, Shlohmo beugt sich vor, um weiter auszuholen, da kommt plötzlich die Erinnerung: Der Veranstalter der Party, Joscha, seit einiger Zeit rauchend in der netten Runde sitzen, bemerkt, dass Shlohmo bald mit seinem DJ-Set dran sei. Ich bedanke mich bei ihm für das erfrischende Gespräch, er bedankt sich bei mir, dass ich ihn nicht gefragt habe, mit welchem Equipment er produziere. Zwei Stunden später habe ich noch einmal die Ehre. Er unterbricht sein DJ-Set, spielt mir seinen Remix von Drakes »Marvins Room«, wir trinken einen Schnaps. Dieser Shlohmo weiß noch was »Bromance« ist – ich bin spätestens ab diesem Moment Fanboy und später muss mich Kollege Okraj trösten, dass ich diesen sympathischen Henri Laufer nicht als Homeboy behalten darf.