Geoff Barrow – »Man muss sich ständig weiter pushen«

16.04.2012
Foto:Adam Faraday Stones Throw
Geoff Barrow ist ein nimmermüder Tausendsassa. Im Augenblick sieht sich der DJ und Produzent von Portishead der Herausforderung entgegengestellt, 3 Alben in 3 Monaten zu veröffentlichen. Den Anfang macht sein Projekt Quakers.

Geoff Barrow steht fürwahr eine aufregende erste Jahreshälfte ins Haus. So sieht sein ambitionierter Plan drei Alben in drei Monaten vor. Bevor er gemeinsam mit Ben Salisbury das Soundtrack-Album »Drokk« und wenig später die neue BEAK> Platte über sein Label Invada Records veröffentlicht, hat er Ende März das spannende Quakers Projekt an den Start gebracht. Dabei handelt es sich um nicht weniger als eine HipHop-Band mit 35 Künstlern, wobei der Kern aus den drei Produzenten 7STU7, Katalyst und eben Geoff Barrow besteht. Letztgenannter, der als DJ und Produzent der legendären TripHop-Kombo Portishead zu Weltruhm gelangte, stand uns zu Quakers Rede und Antwort.

Welches Konzept steckt hinter Quakers?
Geoff Barrow: Wir sind mit HipHop-Musik aufgewachsen und noch immer große Fans des Genres. Als Produzenten haben wir in all den Jahren immer auch Musik mit HipHop-Bezug gemacht, also lag ein Album nahe. Da wir keine Manager und Agenten involvieren wollten, verbrachten wir viel Zeit bei MySpace, um MCs zu finden, die uns gefielen. Ganz gleich ob bekannt oder unbekannt. Und die sind nun alle auf diesem elementar, ruppigen HipHop-Album drauf. Als Fans von Producern wie Marley Marl, DJ Premier, Madlib oder J Dilla wollten wir das Projekt auch eher für uns selbst machen. Wenn es den Leuten gefällt: großartig! Keiner erwartet damit in den Charts zu landen.

Wie lange habt ihr am Album gearbeitet?
Geoff Barrow: Zwischen Tourneen und Aufnahmen zu verschiedenen Projekten haben wir viele Jahre daran gearbeitet. Mal mehr, mal weniger fokussiert. Stu hat zwischendurch viele Alben als Engineer betreut, Katalyst sein Album beendet und sein Ding in Australien durchgezogen. Es sind immer nur kleine Stücke vom Album entstanden. Dann hat es eine ganze Weile gedauert, ehe wir die Raps von den MCs zurück bekamen, so lag das Projekt zeitweise auf Eis. Trotz unserer unterschiedlichen Herangehensweise ans Produzieren haben wir uns immer wieder austauschen und letztendlich einigen können. Der Versuch war etwas Interessanteres zu erschaffen, als die einfallslosen Standard-HipHop-Alben der jüngsten Zeit.

Was war das Ausschlusskriterium für die Suche nach den MCs?
Geoff Barrow: Zum einen durften die MCs nicht mit viel Geld rechnen, denn darum ging es nicht. Und zum anderen wollten wir keine langweiligen Nonsens-Rapper. Alle beteiligten MCs sind unglaublich begnadet und total unterschiedlich. Jemand wie Coin Locker Kid hat hier wohl zum ersten mal Material veröffentlicht, während Prince Po ganz einfach eine Legende ist.

Gab es MCs, die ihr nicht für das Projekt gewinnen konntet?
Geoff Barrow: Es gab noch ein paar bekanntere Namen an denen wir dran waren, aber im Endeffekt bin ich froh, dass es nicht geklappt hat. Uns ging es um Nachwuchskünstler und Leute, die das Konzept feiern.

»Als Fans von Producern wie Marley Marl, DJ Premier, Madlib oder J Dilla wollten wir das Projekt auch eher für uns selbst machen. Wenn es den Leuten gefällt: großartig! Keiner erwartet damit in den Charts zu landen.«

Geoff Barrow
Auffällig ist, dass kaum ein Rapper aus Großbritannien involviert ist. Warum?
Geoff Barrow: Ich hatte nie sonderlich viele Kontakte zu UK-Rappern und mittlerweile habe ich den Draht zur hiesigen Szene verloren. Früher gab es schon einige MCs, die mir gefielen, aber heute kenne ich kaum einen. Um ehrlich zu sein höre ich wenig aktuellen Rap. Ich bin Hip Hop vor langer Zeit verfallen, ziehe es heute aber vor zu machen statt zu hören.

Das HipHop-Genre war in der letzten Dekade nicht gerade als innovativ verschrieen. Was treibt einen musikalischen Vorreiter wie dich dazu, ein ein schlichtes HipHop-Album zu veröffentlichen?
Geoff Barrow: Man muss sich ständig selbst weiter pushen, neue Sachen versuchen und lernen. Ich kann mich nicht einfach auf den Lorbeeren ausruhen, das langweilt mich. Lieber mache ich keine Musik als langweilige Musik. Und falls jemand meint, Quakers sei langweilig, dann ist das auch ok. Darum geht es doch in der Musik. Vielen Leuten gefallen ganz unterschiedliche Sachen.

Warum habt ihr Quakers über Stones Throw und nicht über dein eigenes Label Invada veröffentlicht?
Geoff Barrow: Sie kennen sich ganz einfach mit Hip Hop aus und die Heads wissen, dass guter Hip Hop bei Stones Throw zu finden ist. Chris [Chris Manak aka Peanut Butter Wolf, Anm. d. Verf.] kenne ich seit gut zehn Jahren und wir haben zudem bereits bei Anika zusammengearbeitet. Wir vertrauen uns gegenseitig und sie sind gut in dem was sie tun. Und als Stones-Throw-Fans war es für uns alle drei eine große Ehre das Album darüber zu veröffentlichen.

Erlaubt dir der Erfolg mit Portishead ein Stück weit kreative Freiheit bei den zahlreichen Nebenprojekten?
Geoff Barrow: Der Name Portishead ist schon ein Türöffner, um mit Leuten wie Peanut Butter Wolf ein Meeting zu bekommen. Aber Erfolg war nie der Grund für mich Musik zu machen oder die Musik in eine bestimme Richtung zu produzieren. Ich habe Musik immer so gemacht wie ich es wollte, ganz gleich ob erfolgreich oder nicht. So werde ich es immer machen und ganz sicher keine Kompromisse eingehen.

Wie stehen deine Portishead-Kollegen denn zu deinen HipHop-Produktionen?
Geoff Barrow: Ade ist ein großer HipHop-Fan und Beth mag gute Musik. Ich sehe keinen Grund, warum sie ihnen nicht gefallen sollten. Beide sind mit ihren eigenen Projekten momentan jedoch sehr beschäftigt, so dass ich gar nicht weiß, ob sie Quakers schon hören konnten.

Wie steht es eigentlich um eine neue Portishead-Platte? Vor einem halben Jahr hieß es, dass ihr glücklich wäret auf zehn Songs zu kommen. Wie weit seid ihr aktuell von diesem zehn Song Album entfernt?
Geoff Barrow: Zehn Songs um genau zu sein. Es mag abgedroschen klingen, aber wir versuchen die besten Songs zu schreiben, die wir können. Und dazu bedarf es ganz einfach viel Zeit.

Wie hast du die Entwicklung der Dubstep-Kultur vernommen, die zum großen Teil auch von deiner Heimatstadt Bristol ausging?
Geoff Barrow: Ich kenne mich leider nicht wirklich in der Szene aus, um dazu vernünftig Stellung zu nehmen. Als der Hype losging, war ich am arbeiten und wurde gerade zweifacher Vater. Natürlich sind mir Leute wie Pinch und Joker ein Begriff und ich finde gut, dass sie die Tradition von Bristol als kreative Keimzelle von Underground-Musik weiterführen.

Ebenfalls aus Bristol kommt Banksy, mit dem du am Soundtrack zu seinem Film ‘»Exit Through The Gift Shop’« zusammengearbeitet hast. Woher und wie gut kennt ihr euch?
Geoff Barrow: Nun ja, er ist aus Bristol und ich bin aus Bristol. Wir kennen uns und das ist es im Prinzip auch schon. [lacht] Ich möchte auch gar nicht näher auf seine Person eingehen, aber es war definitiv eine großartige Erfahrung mit ihm zusammen zu arbeiten.

Ich nehme an, du hast nun also ein Werk von Banksy in deiner Wohnung hängen, das du in 30 Jahren gewinnbringend verkaufen wirst?
Geoff Barrow: [lacht] Nein, das befindet sich anderswo und das werde ich ganz sicher nicht machen, denn in Bristol ging es nie ums große Geld.