Michael Kiwanuka – In der Ruhe liegt die Kraft

10.05.2012
Foto:Sam Butt
Einige Aufmerksamkeit war Michael Kiwanuka in den letzten Wochen beschienen. Er selbst blieb davon unbeeindruckt und arbeitet weiter an Songs, die an Otis Redding und Bob Dylan erinnern und immer auch die Aura der Sechziger atmen.

Michael Kiwanuka ist zufrieden – mit seinem Album, den Reaktionen und überhaupt mit der Gesamtsituation. Kann er ja auch, denn es schallt wirklich aus allen Ecken nur Gutes über den britischen Mitzwanziger. Positive Kritiken so gut wie überall gab es für Kiwanukas Soul auf seinem Debüt »Home Again«, der in seinen Pausen scheinbar ein Knistern von Platte hören lässt, aber sich eben doch von vielen anderen Künstlern aus der Retro-Ecke unterscheidet. Nach seinen Einflüssen befragt, nennt Kiwanuka zuerst etwa Sly, Hendrix und Dylan – nicht Gaye oder Mayfield. »Ich hatte nie beabsichtigt, Sänger zu werden. Ich spielte Gitarre als Session-Musiker und das war für mich klasse, um zu spielen und zu performen.« Der Weg führte zuvor über Schülerbands. Kiwanukas Leidenschaft für Musik startete mit Nirvana, deren »From The Muddy Banks Of The Wishkah« seine erste gekaufte Platte war. Weiteren Einfluss nahm später eine Beilage einer Musikzeitschrift mit Songs von Otis Redding, der neben Dylan einen wichtigen Teil lieferte, auf dem sich der heutige Sound von Kiwanuka stützt.

Bereits letztes Jahr veröffentlichte er zwei EPs, auf denen Kiwanuka zeigte, dass er es versteht seine Stimme mit seinem Gitarrenspiel zu tragen. »Die Reaktionen auf meine Singles waren viel besser, als ich hätte erwarten können. Es gab mir eine gute Grundlage, auf der ich das Album veröffentlichen konnte. Die Resonanz scheint nun positiv. Ich bin froh, dass den Leuten meine Musik gefällt.« Das betont Kiwanuka immer wieder, dieses Glück, dass er die Menschen erreicht mit seinem Album. Fast zwei Jahre mit Unterbrechung dauerten die Aufnahmen zu »Home Again«. »Einen der ersten Song, die ich geschrieben habe, die es aufs Album geschafft haben, ist ›Rest‹. Den habe ich etwa zu der Zeit geschrieben, als ich die Musikhochschule beendet habe. Das ist auch der einzige Song aus dieser Phase der überlebt hat und den ich heute noch live spiele.« Doch trotz dieser langen Entstehungsphase macht „Home Again“ seine Geschlossenheit aus und war immer als Album gedacht, nicht als Sammlung einzelner Songs.

»Ein Fan schrieb, dass ›Home Again‹ als Song sein Leben wirklich beeinflusst und ihm geholfen hat, über ein paar Dinge nachzudenken. Wenn meine Musik das Menschen geben kann, ist das unglaublich.«

Michael Kiwanuka
»Ich bin wirklich glücklich damit, wie die Platte rausgekommen ist. Paul Butler ist ein toller Produzent und Musiker. Wir hatten wirklich viel Spaß, die verschiedenen Instrumente zu spielen und die Songs zusammenzubringen.« Da ist es schon wieder, das Glück. Doch es passt zu Kiwanuka, seiner Art, seiner Naivität, mit der er von seiner Musik spricht. »Stücke für die Gitarre fallen mir die ganze Zeit ein. Ich setzte mich dann hin, sobald ich die Chance habe, und dann folgen Text und Arrangements von ganz allein.« So einen Satz kauft einem im 21. Jahrhundert normalerweise keiner ab, aber sobald die ersten Takte von »Tell Me A Tale« einsetzen mit Flöte und Bläser – vielleicht doch. »Es ist eine Upbeat-Nummer und ein guter Weg, die Leute dazu zu bringen, das Album zu hören.«

Dazu passt auch das Video, das matt und weichgezeichnet sofort an alte Aufnahmen von Woodstock erinnert. Dabei brachte dieses Ergebnis keine Spielerei am Rechner zustande, sondern die Bilder stammen aus dem heutigen Berlin. »Ich liebe Berlin und es ist immer toll dort. Es war ein großer Zufall, dass das der Ort wurde, an dem wir das Video machen konnten. Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat.« Doch was ist ein zufriedener Künstler wert? Kann Kreativität überhaupt walten, wo das Glück herrscht? Bei Kiwanuka kein Problem, denn nach dem Album ging es für ihn einfach weiter. »Ein Beispiel ist ›Lasan‹, den ich als Single rausgebracht habe und in mein Set bei Konzerten aufgenommen habe.« Zusammen mit Dan Auerbach von den Black Keys entstand die Nummer, die sich live nur mit Gitarre und Stimme formt, aber auf Platte einen guten Rhythmus durch die Drums bekommt. »Ein Fan schrieb, dass ›Home Again‹ als Song sein Leben wirklich beeinflusst und ihm geholfen hat, über ein paar Dinge nachzudenken. Wenn meine Musik das Menschen geben kann, ist das unglaublich.«_ Vielleicht sind die Dinge wirklich so einfach, vielleicht passt dieser Mythos vom Glück bei ihm. Letztendlich geht es doch immer nur um Musik und unsere Gefühle. Wenn einer eine Geschichte davon erzählen kann, dann Michael Kiwanuka.