Malka Tuti – Wohzimmer-Platten mit strangen Namen

02.08.2018
Wo auf Industrial eine hebräische Nummer folgen kann: das Label Malka Tuti hat sich etabliert. Hier finden Kenner Musik, die wierd genug ist für die Off Locations und gut genug fürs Wohnzimmer.

Xen, Die Orangen Khidja Tapan – Malka Tuti hat sich in den drei Jahren als Label mit den seltsamen Namen etabliert. Das ist derweil eine kleine Fußnote, da hinter diesen Namen kontinuierlich gute Musik steht. Zwischen ›exotischer‹ Popmusik, Industrial und Kraut hin- und herspringend gilt das Label der beiden Macher Asaf Samuel und Katzele mittlerweile als sure-shot an der Käufer- und Sammlerfront. Nicht nur der viel beachtete Tolouse Low Trax-Remix von Khidjas »Microb« hat daran Anteil, sondern das gesamte Labelroster. Ein Grund mal nachzufragen, wofür Malka Tuti als Label eigentlich steht und wie es begann.


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»Ich hatte über Jahre die Idee für das Label, doch fand nicht die richtige Motivation. Dann habe ich Asaf kennen gelernt, der in Tel Aviv den Laden »Michatronix« betrieb, der für die ganze Szene in der Stadt sehr wichtig war«, erzählt uns Katzele im Interview. Dennoch möchte man nicht das Label aus Tel Aviv sein, das wäre ein Irrglaube. Katzele wohnt dementsprechend seit sechs Jahren in Berlin, Asaf seit zwei Jahren in Barcelona. Israel ist trotz dessen nicht unwichtig für das Label. »Israel ist ein sehr junges Land. Es gibt genuin israelische Musik also erst seit wenigen Jahrzehnten«, dies sei ähnlich der Situation in Deutschland, wo erst in den Siebzigern mit Kraut deutsche Popmusik entstand. »De-assoziiert von der Vergangenheit, versuchte man Musik zu entdecken und zu erfinden. Ganz so avantgardistisch wie in Deutschland war es nicht, doch es war mutig genug die verschiedenen musikalischen Einflüsse zusammen zu bringen und zu mischen und zu etwas Neuem werden zu lassen.«

Dies kann auch gerne als Zielrichtung für das Label als solches gedacht werden. Folglich verfolgt man keinen Sound-Masterplan, sondern ist völlig offen, was Künstler*innen und ihre Musik angeht. Untypisch für viele Labels steht der Dancefloor nicht im Vordergrund, wenn überhaupt ist die Tanzbarkeit zweitrangig. Asaf Samuel wirft ein, dass Malka Tuti-Platten für zu Hause, für das Wohnzimmer gedacht sind. Katzele hält hoch, dass alle Platten eine gewisse Zeitlosigkeit mit sich bringen müssten; Platten für die Ewigkeit und nicht die schnelle Verwertbarkeit. Offensichtliche Hits und Sommerperlen wird man deswegen wahrscheinlich vergeblich suchen. Einen gewissen Hype um Malka Tuti wird man dessen ungeachtet erkennen können. Von Erfolg möchte niemand reden. »Wir reden über Vinyl, das von ein paar hundert Menschen gekauft und gehört wird. Das ist für uns super, aber nicht erfolgreich.«
Das Understatement wirkt keineswegs aufgesetzt, sondern von Grund auf ehrlich und auch realistisch. Das mag auch daran liegen, dass weder Katzele noch Asaf Samuel Musiker sind, die ihre eigenen Produktionen veröffentlichen wollen. Das sei häufig ein Vorteil, da man sich auf die Suche nach guter Musik konzentrieren könne. Und gesucht wird hier viel, auch wenn es weitaus schwieriger ist zu finden. Es gibt mehrere Geschichten, wie es zu den verschiedenen Releases kam. »Auf J.A.K.A.M. sind wir über einen Anspieltipp von unserem Freund Hugo Capablanca aufmerksam geworden.« Nach längerer Suche sind beide dann auf das Facebook-Profil gestoßen und haben den japanischen Produzenten angeschrieben. Eine enge und gute Zusammenarbeit über mehrere tausend Kilometer hat sich entwickelt. Katzele selbst hat J.A.K.A.M. nach über zwei Jahren Schriftverkehr erst Anfang Mai das erste Mal persönlich getroffen.

Auch im Freundeskreis ergeben sich Funde. Der Produzent Dreems, der mit den beiden Labelmachern befreundet ist, hat irgendwann im Gespräch fallen lassen, dass er mit seinem Freund Kris Baha auch ein Projekt hätte. »Die Orangen waren eine Offenbarung. Dieser krautige Musikentwurf, der als Bandprojekt daherkommt, ist ziemlich genau das, was wir für das Label wollten und wollen. Es war sofort klar, dass man eine LP rausbringen muss«, erzählt Katzele immer noch euphorisiert. Euphorie für die Musik und die Sache an sich stehen im Fokus des Labels. So kommt es auch zu einer wilden Mischung, die derzeit untypisch erscheint, da viele Labels ultra-spezialisiert auf Sound und Textur erscheinen.

»Bei uns folgt auf Industrial auch eine hebräische Pop-Nummer. Wir haben keine Genregrenzen im Kopf und ganz sicher auch keine Scheuklappen auf.« Was einige als Beliebigkeit vielleicht geißeln könnten, wird bei Malka Tuti zur Herzensangelegenheit. Wenn man zu Hause gerne mal esoterische Sitar-Platten, Techno oder Elektronika hört, Hauptsache gut und geschmackvoll, dann ist das kleine Label mit den schönen Covern sicherlich den nächsten Reinhörer wert.


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