Roza Terenzi steht vor einer Kamera, holt zwei USB-Sticks raus und streicht sich die Kopfhörer über ihre Haare. 2019 spielt die australische Produzentin und DJ beim Dekmantel Festival ihr Boiler-Room-Debüt. Es ist kurz nach vier Uhr Nachmittag, im Zelt schwitzen 300 Menschen, die Kicks pumpen los. Für die nächste Stunde mixt Terenzi UK Rave-Klassiker mit Jungle-Breaks, Electro-Cuts und unveröffentlichte House-Tracks aus ihrem Dunstkreis in Melbourne. Das Zelt verwandelt sich in eine Zeitkapsel, mit der sie alle auf einen Trip in die Vergangenheit mitnimmt, um dem niemals stattgefundenen Ecstasytraum imaginierter Undergroundraves hinterherzuhecheln, ein paar Platten aus den Neunzigern einzusacken, und das Ding – nach dem ein oder anderen Hände-in-die-Höhe-Exzess – wieder sanft in die Gegenwart zu setzen.
»Ich habe Mühe, meine Musik zu beschreiben«, sagt Terenzi, die eigentlich Katie Campbell heißt, im Gespräch mit Resident Advisor. »Es geht darum, durch Klänge eine bestimmte Stimmung oder Atmosphäre zu schaffen, die sich in Roza Terenzi verkörpert.« Schließlich interessiere sich die in Perth aufgewachsene Produzentin für den Kontrast zwischen sinnlicher Wärme und scharfen Kanten. Wichtig sei ihr die Verspieltheit in elektronischer Musik. Musik, die sie als »Dance Music« bezeichnet, aber nicht für den Dance Floor produziert. »Durch das Zuhören kann man mit verschiedenen Teilen des Geistes in Resonanz treten.« Dabei mischen ihre Veröffentlichungen, wie das gerade bei Planet Euphorique erschienene Album »Modern Bliss« den House-meets-Break-Cocktail für Open Airs und Afterhours, sippen an unterkühlten Vocals und zwirbeln Plastikschirmchen aus Funk, Techno und Esokitsch mit rein.
Wichtig sei ihr die Verspieltheit in elektronischer Musik. Musik, die sie als »Dance Music« bezeichnet, aber nicht für den Dance Floor produziert.
Diese Mischung funktioniert. 2018 veröffentlichte die in Melbourne lebende Produzentin sechs Platten auf Labels wie Kalahari Oyster Cult Butter Sessions und Planet Euphorique. Sie stürmte die Tanzflächen, startete eine Residence bei Rinse FM – und tourte zum ersten Mal um die Welt. Für Roza Terenzi kam der Erfolg nicht überraschend. Er zeichnete sich ab. Dance Music sei immer Teil ihres Lebens gewesen. Ihr Vater, ein Reggae-Schlagzeuger, habe in den Neunzigern dubbigen Electro produziert. Sie sei oft dabei gewesen, zu Hause im Studio, umgeben von unzähligen Percussioninstrumenten aus Afrika und Asien, die ihr Vater gesammelt hat. Er habe sie mit Logic rumspielen lassen, mit ihr Beats gebaut. Und sogar eine Platte produziert. »Clap to the Crap Rap« steht immer noch auf Bandcamp Hip-Hop straight von der australischen Westküste, von und mit der neunjährigen KayTee.
Als Teenager spielte Campbell Klavier, Schlagzeug und Gitarre. Mit ihrer Schuljazzband sei sie sogar beim Montreux Jazz Festival aufgetreten. Das elitäre Gehabe sei aber nichts für sie gewesen. Mit 17 kommt Campbell mit experimenteller Musik in Kontakt, tanzt auf Brainfeeder-Shows und hört Warp-Platten. An der Uni schreibt sich Campbell für Kurse in elektronischer Musik ein. »Wir verglichen John Cage mit zeitgenössischen Künstler wie Venetian Snares oder Aphex Twin. Ich war besessen davon«, sagt sie im Interview mit TheWastedHour. Allerding sei sie auch überrascht gewesen. Männer kommen in der Geschichte der elektronischen Musik überall vor, Frauen nur selten. »Dabei waren sie involviert, sie bekamen nur keine Credits«, sagt sie zu Mixmag. Campbell stolpert über die Arbeiten der italienischen Astrophysikerin Fiorella Terenzi. In den 1990er Jahren nahm sie mit Radioteleskopen Klänge aus dem All aus und veröffentlichte Platten wie »Music from the Galaxies«.
Die Schallplatten von Roza Terenzi findest du im [Webshop von HHV Records](https://www.hhv.de/shop/de/roza-terenzi-electronic-dance/i:A143280D2N93S6U9.)