Albert Aylers Markenzeichen ist das Eruptive. Dieses unvermittelte Losbrechen, sich spiralförmig in die Höhe schwingen, dann taumelnd wieder abfallen. Die 20minütige Improvisation »Bells«, live aufgenommen am 1. Mai 1965 in der New Yorker Town Hall beginnt sofort mit dieser ruckartigen Schraubenbewegung. Albert Ayler mochte seinen Zuhörern nicht schmeicheln, er wollte sie aufrütteln. Natürlich fragten sich manche Kritiker so, ob das, was Ayler da am Tenorsaxophon machte, überhaupt noch »Jazz« sei. Der 1936 in Cleveland, Ohio geborene Musiker ließ diese Diskussion aber gar nicht erst zu und lehnte »Jazz« als Bezeichnung für seine Musik ab: »Wir spielen free music«. Neben Albert, sind hier sein Bruder Donald Ayler, Lewis Carrol, Sonny Murray und erstmalig Saxophonist Charles Tyler zu hören. »Bells« ist eine für Ayler typische Improvisation, zwischen Volkskunst (Versatzstücken aus Tänzen, Märschen, Polkas und Walzern), Variationen von New Orleans‘ Prozessions-Blues und diesen wirbelnden Eskapaden feierlich schwankend. Das Primitive und das Hochgestochene liegen bei kaum einem Musiker näher. An die zwei Dutzend Tonträger sind in dieser Form zwischen 1962 und 1969 entstanden. Im November 1970 nahm sich Albert Ayler das Leben.
Bells