Niemand wird ernsthaft die Behauptung aufrecht erhalten können, Hip-Hop und wissenschaftlicher Diskurs passten nicht zusammen. Die HipHop-Kultur ist eines der wichtigsten popkulturellen Phänome der letzten 30 Jahre und somit selbstverständlich längst Thema kulturwissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Insofern beschreitet Michael P. Jeffries, Assistenz-Professor für Amerikanische Kulturwissenschaften am Wellesley College, also keine neuen Wege. In seinem Buch Thug Life – Race, Gender and the Meaning of Hip Hop geht er im Grunde zwei Kernfragen nach: Wie sind die Geschichten rund um das »Thug Life« zu verstehen? Und: Gibt es entscheidende Unterschiede in der Wahrnehmung von Rapmusik und der Bedeutung der HipHop-Kultur zwischen schwarzen und weißen Hörern?. Ein sehr ambitioniertes Vorhaben, das trotz aller Komplexität nicht bloß an der Oberfläche kratzt. Dies gelingt Jeffries mit einer interdisziplinär entwickelten Methodik, die sowohl die eigene Textanalyse, als auch Interviews mit schwarzen und weißen Fans kommerzieller Rapmusik beinhaltet.
Zunächst beweist Jeffries jedoch mit einem kurzen Überblick über die Kulturgeschichte des Hip Hop, dass er durchaus Ahnung von der Materie hat. Auch die Analyse und logische Verknüpfung der eigenen Erkenntnisse mit den Auswertungen seiner Interviews meistert er mit Bravour und schafft es, das gedankliche Rad immer ein Stück weiter zu drehen. Er hinterfragt scheinbar feststehende Erkenntnisse und kommt zu immer neuen Ergebnissen, wo seine Kollegen möglicherweise längst aufgehört hätten.
Dies bringt ihn z.B. zu dem Schluss, dass der Widerspruch aus der Aussage der Befragten, schlechter Rap sei gekennzeichnet durch Kommerz, Mainstreamtauglichkeit und einem Drang zu enormem Reichtum einerseits und der Vorliebe der Befragten für Rapper wie Jay-Z andererseits, ein Beweis dafür, dass Authentizität im Rap auf eine subjektive und unbeständige emotionale Verbindung zwischen Konsument und Künstler zurückzuführen ist – und nicht etwa auf statische und objektiv bewertbare Kriterien wie den lyrischen Gehalt der Texte. Der letzte Satz beweist v.a. zwei Dinge: zum einen wie tief Jeffries in die Analyse eindringt, zum anderen, dass Thug Life alles andere als einfache Bettlektüre ist. Jeffries gelingt es jedoch, ein zunächst überambitioniert wirkendes Thema vollständig zu erfassen und pointiert zu vermitteln – ein paar neue Erkenntnisse inklusive.Das führt zu dem Schluss, dass Authentizität im Rap auf eine subjektive und unbeständige emotionale Verbindung zwischen Konsument und Künstler zurückzuführen ist – und nicht etwa auf statische und objektiv bewertbare Kriterien wie den lyrischen Gehalt der Texte.