Mark Greif wird nicht gerne auf sein Hipster-Buch angesprochen, vor allem, weil er selbst betont, dass es doch viel wichtigeres gäbe, über das es sich zu sprechen lohnt. Der vor allem in Europa, und hier vor allem in Deutschland, hoch gelobte und heiß geliebte Chefredakteur von n+1, der vor allem durch eine intellektuelle Einbettung der Occupy-Bewegung bekannt wurde, versammelte die Texte einer 2009 an der New School gehaltenen Debatte in seinem 2010 erschienen Buch. »What Was The Hipster?« fragte der Titel damals und wollte damit einen omnipräsenten Begriff dieser Tage vor allem historisch einbetten, dem inflationären Gebrauch eines zur Marketing-Fratze verkommenen Wortes zum Trotz.
Dabei spielt der Ursprung im Jazz der 40er eine eher untergeordnete Rolle, vor allem die der heutigen Bedeutung des Wortes näherliegende Neuentdeckung des Begriffs im New York des ausgehenden 20. Jahrhunderts interessierte Greif. Und dabei vor allem, dass die ausschließlich als – meist- negativ konnotierte Fremdbezeichnung verwendete Bezeichnung »Hipster« zwar in aller Munde ist, dabei aber kaum definierbar scheint. Es ist so, als fange sich in diesem Begriff eine Vielzahl von Bedeutungen, aber auch Unbehaglichkeiten und sowohl der Vorteilsnahme als auch des Selbstschutzes gedachten Vorurteile – vor allem aber das Lebensgefühl einer kapitalisierten Szene weißer mittelständischer Kinder. Junge Menschen, die – einmal in die Großstadt gezogen – keine politischen und sozialen Bedürfnisse äußern, sondern vor allem konsumeristische. So weit so gut, Greif’s Beiträge – die auch der deutsche Band enthält – sind wohl durchdacht, informativ und wenn sie sich in abenteurlichen Thesen versteigen, dann ist es oft der schwammigen Begrifflichkeit geschuldet, die er dank seiner erfrischenden historischen Perspektive dennoch weitesgehend erhellt und aufklärt.
Zwei Jahre später dachte man sich beim Suhrkamp und mit tatkräftiger Unterstützung der nicht mehr ganz so hippen Spex und ihres einschlägigen Umfelds, dass das von Greif angesprochene Thema (wohl auch aufgrund seines für Greif eher unerwarteten und wie schon erwähnt auch recht unbehaglichen Erfolgs) im Berlin-Mitte des Jahres 2012 von außerordentlicher Relevanz sei. Also ergänzte man Greif’s Ausführungen durch Beiträge Tobias Rapp’s und anderen zum Berliner Hipster und tat vor allem eins: Gaukelte eine transatlantische Diskussion (wie der Titel verspricht) vor, die es nie gegeben hat und welche zu führen noch weniger relevant, so zeigte Greif’s Auftritt im Frühjahr im HBC, so sein scheint, als die New Yorker Vorlage. Interessanterweise laufen Rapp und seine Kollegen beim Versuch die New Yorker Gegebenheiten auf Berlin zu übertragen in eben jene Fallen, die Greif bei der Debatte gerade vermeiden wollte. So ist es nur folgerichtig, dass der Suhrkamp sich auch für einen plakativeren Titel und eine etwas andere Gestaltung des Buches entschied:
Der Erfolg dieses neon-grünen Buches mit der Aufschrift »Hipster« wird nicht dem Inhalt geschuldet sein, den deutschen Beiträgen noch weniger als dem zumindest fehlerfrei übertragenden amerikanischen Original, sondern setzt genau auf die Mechanismen des Marketings, die es eigentlich versucht zu entschleiern. Das kann man subversiv finden oder einfach nur plump.