Review

Two Fingers

Stunt Rhythms

Big Dada • 2012

Einst in einer künstlerisch verwahrlosten Welt der kurzfristigen Erfolgskalkulationen machte jeder, der sonst nichts konnte, Musik. Mit Standard-Plugins, Standard-Rhythmen und Standard-Kompositionen aus der Erste-Klasse-Fibel des gemeinen Musikproduzenten wurde die Welt mit Belanglosigkeit geflutet. Die Avantgardisten und hohen Meister der Musikkreation versteckten sich derweil angewidert hinter komplexen Strukturen, die auf ungeübte Ohren wie die Fanfaren von Jericho klangen. Es war eine trostlose Welt aus kommerzialisierter Gleichgültigkeit auf der einen und elitärer Ignorranz auf der anderen Seite. Eines Tages jedoch entschied sich einer dieser hohen Meister der Klangkreation zu einer wahnwitzigen Idee. Er nahm sein unangefochtenes Können als Beat-Schmied, platzierte sich strategisch im überbevölkerten Ramsch-Markt der Welt-Musik, die auch als Rap bekannt war, und… explodierte. So viele Rapper verloren unter der Druckwelle ihre Stimme. Vers-Attrappen wurden von Bass-Tsunamis zerrissen wie vergilbte Papierseiten. Beatverdichtungen brachen mit gravitativen Beschleunigungen von bis zu 14g den artverwandeten Kindergarten-Produzenten im Sekundentakt die Wirbel. Hypeverseuchte Metropolen zerbarsten unter der Gewalt einer einhundert Kilotonnen B(eat)-Waffe. Gedenk-Statuen von Timbaland, Skrillex, David Guetta und Kanye West wurden nachträglich wegen Einsturzgefahr abgerissen. Einer Umfrage zufolge konnte sich niemand ihrer Verdienste erinnern. Der von Klangtropen besiedelte Krater zwischen Chicago und São Paulo wurde zum einzig wahren Weltwunder ausgerufen. Die Katalogisierung der dort entdeckten tonalen Lebewesen unter der Leitung eines gewissen Amon Tobin dauern an.