Auch auf seiner zweiten Vinyl-Veröffentlichung »Abdoom & Unraum« kratzt der Rapper/Beatmaker Tufu jene verschachtelten Punchlines vom Palimpsest, die ihn vor drei Jahren aus der Blogosphäre ins Standard-Repertoire von Freunden real-keepender Verbalinjurie katapultierten. Mittlerweile nach Köln übergesiedelt, wettert T-U-F im Gespann vom eigens gegründeten Label Sichtexot jedoch nicht mehr ausschließlich gegen HipHop’s liebstes Stehaufmännchen, dem Wack-MC. Viel mehr lotet er aus der boom-bappenden Boshaftigkeit von »Symbolik des Mastschweins« und »Hässlon« sowie der philosophischen Offengeistigkeit von »Seelenquantisierung« nun mehr den überschaubaren Horizont des Subgernes Battle-Rap immer mehr zu einem Verbindungselement für zynische, manchmal auch stark verkopfte Seitenhiebe auf die aktuelle (Pop-) Kultur aus. Wo YouTube-Kommentatoren einstmals Huss & Hodn-Biting entdeckt haben wollten, intoniert mittlerweile eine deutsch-rappende Variante der »Angry Young Men«, die soziale Auswüchse im Pöbel-Ton hinterfragt: »Mach‘ nicht auf ›Du kennst mich!‹/ Ich bin nicht down mit allen – auch nicht, wenn WM ist«. Das organische Sample-Streufeuer von Tufus Eigenproduktionen, deren avantgardistische Arrangements sich in Madlib’scher Manier weder um Quantisierungen noch um Erwartungen scheren, entfaltet sich dabei zu einer sphärisch-lodernden Jazz-Club-Ästhetik, die auch mal gerne instrumental durchläuft. Auf dem schmalen Grat zwischen erfrischender Retro-Referenz und altbackener Rückwärtskalkulation beweist der verrauchte Fusion-Boom-Bap von »Abdoom & Unraum«, dass aus dem einstigen Internetphänomen Tufu einer der interessantesten Künstler im deutschen HipHop geworden ist.
Abdoom & Unraum