Um dich mal richtig in dein Scheissgefühl reinzusteigern, brauchst du nicht in eine Holzhütte gehen. Eine Wohnung in Berlin, während es draußen -20 Grad hat, reicht, um den inneren Bon Iver zu entdecken (wenn man nicht ständig versucht im Berghain den inneren Dopamin-Speicher anzuzapfen). Diese Erfahrung machte wohl auch Kyson. Der Produzent kommt ursprünglich aus Adelaide, einer australischen Küstenstadt, und lebt inzwischen in Berlin. Mit »The Water‘s Way« verarbeitet er mit Beats und Gesang seinen ersten Winter in Europa. Das Ergebnis sind Songs, die eben mehr Bon Iver (»Shadows Cross«) oder auch Baths ähneln anstatt den Label-Genossen auf FoF Music. Eine eindeutige Gefühlslage nimmt das Album allerdings nicht an; es schippert so vor sich hin, greift hier mal eine Stimmung auf, dort eine andere. Melancholie ja, Traurigkeit nein und oft schunkelt »The Water‘s Way« auch durch warme Gefilde. Analoge Synthies halten die Stimmungen zusammen: Kyson lässt sie über das komplette Album wie Wolken aneinander vorbei fliegen; lang gezogene Streifen, die sich mal überlagern und sich dann wieder trennen. So wird aus dem Album ein Fluss, und das ist bei dem Albumtitel auch das mindeste. Das eigentliche Belebende ist, dass Kyson mit Scott Van Manen und Sam Rogers zwei Live-Musiker an Bord hat. Dadurch sieht man kein MacBook vor sich, wenn man die Drums hört, sondern sieht wie die Trommelschläger den Staub auf der Membran aufwirbeln (»No Such Thing«). Kyson, Van Manen und Rogers zusammen sampeln und programmieren aber singen, klimpern und klopfen eben auch. Und genau deshalb ist das Album gut.
The Water’s Way