Review Hip-Hop

Factor

Woke Up Alone

Fake Four Inc • 2013

Wenn es momentan um Fake Four Inc geht, wird die Debatte natürlich vom Gefängnisaufenthalt des Label-CEOs Ceschi bestimmt. Man kann nur hoffen, dass der sympathische Double-Time-Regent die Zeit im Knast gut übersteht und bestenfalls für wertvolle Zeilen nutzt – und dass die Crowdfunding-Kampagne »Free Ceschi« eine Menge Geld einfährt. Immerhin steht das Label an der Speerspitze aktueller Indie Hip Hop-Releases. Neben einem Händchen für gute Signings ist das auch dem hauseigenen Beatlieferanten Factor geschuldet. Dieser kommt nun mit einem neuen Producer-Album um die Ecke. »Woke Up Alone« ist ein Konzeptalbum, das die Geschichte eines Trauernden erzählt, abgehandelt nach dem Fünf-Phasen-Konzept der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross. Das klingt gewagt und ist es auch. Dass sich aber morbide Inhalte und gerappte Stimmungstiefs hervorragend mit abstrahierten Gegenentwürfen zu geläufigem Hip Hop-Chic verstehen, haben die letzten Jahre oft gezeigt – auch Factor-Produktionen sind dabei aufzuführen. Immerhin versteht es das kanadische Sample-Wunderkind wie kaum ein Zweiter, haargenau passende Soundgewänder für die Resonanzkörper solch unterschiedlicher Vokalisten wie Myka 9, Nomad oder Astronautalis zu schneidern. Auf »Woke Up Alone« führt er sein Gespür für auf vier Viertel-getaktete Emotionskutschen souverän wie eh und je vor, auch wenn Instant Classics wie The Fall Of Captain E.O. oder That´s How I Feel About It von der »Lawson Graham« LP ausbleiben. Dafür zieht Factor seinen konzeptionellen Anspruch knallhart durch. Innerhalb der Trauerphasen Isolierung, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz begegnet der als Protagonist eingesetzte Kirby Dominant so gut wie dem gesamten Fake Four-Roster, das in Rollen wie dem Geist der Betrauerten, dem Arzt, dem Teufel und der Stimme der Vernunft auftritt. Das hat Hörspielcharakter und muss auf jeden Fall am Stück genossen werden.