Review Hip-Hop

Karate Andi

Pilsator Platin

Macheete • 2014

Philipp Kunze vs. Philiipp Kunze: Das ist nicht nur eine gute Überschrift für das Leben, irgendeines Typen,der vom Zen-Buddhismus weiter entfernt ist, als Lothar Matthäus von einer gelungenen Ehe, sondern auch die Überschrift für diese Review. Karate Andi legt mit »Pilsator Platin« ein Album vor, das mich ankotzt. Genau wie es mich erfrischt. Es erfrischt, weil Karate Andi seine Raps hinrotzt und dabei nach Titan-Cochones klingt, wie das sonst vor allem Rap aus den Staaten vormacht. Das ist leichtfüßiger Rap eines Typen, der Rap nicht hundertprozentig ernst nimmt, aber seine Hausaufgaben gemacht hat: Die typischen Rap-Genre-Codes spült Karate Andi mal eben mit Sternburger zum Frühstück runter. Mit diesem Sternburger in der Hand, Asiletten an den Füßen und der Schreckschuss unterm Arm nimmt Andi uns mit nach Neukölln, in dem die Vokuhilas und Popelbremsen den Seitenscheitel und Zwirbel-Schnauzern zahlenmäßig überlegen sind. Punchlines, Schnupfstimme und durchgängig Beats von 7inch: Es macht Freude der »druffe[n] Alice Schwarzer mit Tourette-Syndrom« zuzuhören. Aber es kotzt mich an, wie einfach es sich Karate Andi macht. Anstatt mit seinem Witz und seiner mitreißend pessimistischen Weltsicht etwas zu erzählen, verkriecht er sich hinter der Fassade aus Übertreibung und Ironie. Andis Vorbilder sind Schriftsteller, Doom hat sein Rap-Geschmack mitgeprägt; Karate Andi wäre gerne der »Morrissey für Arme«. Ist er aber nicht. Seine Vorbilder benutzt er nur als aufwertende Referenzen, nicht als tatsächliche Inspiration. Das einzige, was ihn mit Morrissey verbindet ist sein (Andis) Fanboytum. Denn textlich geht hier zu wenig. Bis auf zwei Songs (»So Viel Gemeinsam« und den »Bonustrack«) entwickeln sich die Texte nicht an Hand eines Themas, sondern ob der Suche nach der nächsten Punchline und dem nächsten Dreifachreim. Immerhin hat sich der Andi bei »Rap Am Mittwoch« doch mit gewitzter Intelligenz, Raffinesse und einem Rausch im Gesicht über bierernste Battle-Rapper hinweggesetzt. Die Frechheit an diesem Album ist, dass Karate Andi ein noch viel interessanterer Rapper sein könnte, als er es ohnehin schon ist, wenn er sich nicht zu oft hinter einer handelsüblichen Fassade zurückziehen würde.