Obwohl »Dynamit« mit Pressetext-Termini wie »genreübergreifend« oder »Neugeburt« zahlreiche Warnsignale vor die inneren Geschmacksantenne schoss, ist Olli Banjos erste LP seit 2010 ein inbrünstiger Rap-Grizzly geworden. Kein »Dein Freund«, kein »Wunderkynd« kein Rock-Album. Erstmals – und so viel Neuerung sei erlaubt – verzichtete Olli Banjo aber auf die Schirmherrschaft seines In-House-Producers Roe Beardie und produzierte den Instrumental-Großteil höchstpersönlich – versiert, abwechslungsreich und detailverliebt. Oliver Otubanjo fühlt sich hörbar wohl im Produzentensessel, so erfrischend wie er die unverbrauchten Soundreferenzen vorwiegend britischer Electro-Herkunft arrangiert und auch mit textlichen Sprengkapseln wie »Freunde«, »Mädchen Aus Den Slums« oder »Akupunktur« (mit einem monströsen Morlokk Dilemma-Part!) andeutet, wo die Zündschnur von »Dynamit« hätte hinführen können. Inhalts- oder Ideenlosigkeit waren nie sein Problem – mühelos wechselt der »Träumer« auch auf Mikrofon-Seite die Perspektiven zwischen humorvollen »Jogginghosenmann« und unverblümtem Idealisten. Doch Zähneknirsch-Momente wie der nervtötende Brostep-Klamauk »Arschgeweih«, der »Pistole«-Aufguss »UZI« oder die pseudo-lustige Angestellen-Hymne »Job verloren« verdünnen das Herzblut von Olli Banjos sechster LP. Wie schon auf den Vorgängern stolpert er einmal mehr mit einem Sack voll Skills über die eigene Experimentierfreude und versteckt seine entwaffnende Ehrlichkeit hinter unnötigem Heinz-Erhardt-Mumpitz, dessen Zweckmäßigkeit so effektiv ist, wie einen Witz zu erklären. Wenn seine freimütige Aufrichtigkeit für ihn im Rap-Kontext nur über Bequemlichkeitsironie funktioniert, braucht Olli Banjo doch dringend dieses Rock-Album!
Dynamit