Sollte einem der Name Hilde Sofie Tafjord noch kein Begriff sein, zum Beispiel hierzulande aus dem Line-Up des Ensembles Zeitkratzer, oder auch aus den norwegischen Formationen Lemur oder Spunk, dann blasen die Donnerschläge, mit denen hier das fünfzehnminütige »Wormhole 2« aufreißt, in Sekundenschnelle jegliche romantische Vorstellung, die man vom Waldhorn gehabt haben mag, ins Nirvana. Hier blinzelt kein Sonnenlicht durch die Wipfel und spielt mit den Wolken Fangen über grüne Hänge, tänzelt kein Rotwild scheu durchs Holz. Hier schreckt ein Ungeheuer hoch aus seinem Alptraum, in finsterer, klammer Höhle, um wieder hinabzusinken, sich schnaufend zu wälzen und zu häuten, sein Verlies zu durchstreifen, die hintersten Ecken abzutasten, um uns dann wieder nah vors Gesicht zu treten, das es doch nicht sehen kann. Hilde Sofie Tafjord breitet mit ihrem Instrument und ein wenig elektronischer Hilfe – vor allem diversen Aufnahmetechniken an unterschiedlichen Locations – ein unerwartetes Klangepos aus, dessen Dynamik besonders dazu einlädt, mit dem Kopfhörer hineinzukriechen. Ob in den in die Tiefe fortstehlenden, spitzen Oszillationen von »Passage«, der purrenden Suche im Bass-Schaum von »Tokkotoko«, den windjaulenden, zitternden Bahnen über die sandpapiernen Wände von »Shoal«, schließlich dem Hineinspüren in noch die kleinsten Röhrengänge des Titelstücks: Dem verlorenen Tier mag ob der Ausweglosigkeit aus seinem Gefängnis das Singen abhanden gekommen sein, wir dürfen hier gebannt der Neugeburt eines Doom-Tools lauschen.
Natasha Barrett
Peat+Polymer
+3db Records