Review Electronic

Wieman

The Classics Album

Baskaru • 2014

Reissue des Jahres 2023

Mit viel Glück war Zèbra nicht gesegnet. Erst stampfte ihr japanisches Label ihnen das Debutalbum ein, als dem die ungeklärten Samples zu heiß wurden, dann zwang ihnen eine gleichlautende amerikanische Band den Namen ab. Und nun kriegen sie fürs Album ihres Nachfolgeprojekts Wieman, das sie sechs Jahre lang auf dem Herd hatten, noch einen eingeschenkt. Zèbra bzw. Wieman nennen das, was sie tun, »Meltpop«: Musik aus Samples einer ganz bestimmten Kategorie, so kleingerührt, dass die Bestandteile nur noch punktuell identifizierbar sind, aber doch ihre Aura behalten. Hier sind dies Stücke des Rock- und Popkanons, deren Titel sich auf klassische Musik beziehen: »Symphony«, »Overture«, »Rhapsody« (natürlich!). Ein typischer Release fürs französische Label Baskaru, das sich mit seinem ständig wechselnden Artist-Roster ganz konsequent auf einem Pfad durch die verschatteten Seitengassen experimenteller Elektronik hält, die auch mal ins Leere laufen dürfen. Hinter Wieman verbergen sich nämlich Frans de Waard (u.a. Labelbetreiber (Korm Plastics, Audio.nl …) und Allesreviewer (Vital Weekly)) und Roel Meelkop, und in der minimalistischen Trockenheit des Recyclings finden hier ihre früheren gemeinsamen Projekte wie Goem und Kapotte Muziek zusammen. Sie verzichten aufs naheliegende Spiel mit Referenzen. Was ihr granularer Ambient, durchsetzt mit spröden Beats, zu bieten hat sind Klangmomente, wie die verwunschene Freibad-Atmo zu Beginn des zweiten Stückes, für die ihnen ein paar eiernde Klangfitzel und eine Bassfigur genügen. Dann schiebt sich ein Lo Fi-Elektro-Funk nach Art der frühen Dat Politics hinein, fast unmerklich blenden sich Sequenzen gewürfelter Orchestersamples dazwischen, beginnen geisterhaft und hypnotisch übereinander her zu spülen, und längst sind wir im nächsten Stück. Nichts davon geschieht zwingend, alles bleibt freie Collage, und so wundert man sich kaum, wenn dann plötzlich noch ein schweres Rockriff dazwischengrätscht. Schade ist das, wenn nicht fatal. Ihr milchiger, flirrender, rumorender Sampleschleier findet schließlich zu sich selbst im zeitlupenhaften letzten Stück, in dem man jeden Moment den Einsatz des Flüstergesangs einer Lucrecia Dalt erwartet. Es kommt dann aber doch wieder ganz anders.

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