Melancholische Klaviermusik und melancholische Klaviermusik sind nicht dasselbe. So könnte bei dem New Yorker Ensemble Bing & Ruth um den Pianisten David Moore nach flüchtigem Hören der Eindruck entstehen, ihr Album »Tomorrow Was the Golden Age« sei ein weiterer Beitrag zum gern schon mal kitschverdächtigen Genre der Post-Klassik. Die Musiker – neben Moore zwei Klarinettisten, zwei Kontrabassisten, eine Cellistin und ein Tape Delay Operator – stehen allerdings stärker in der minimalistischen Resonanzmanipulationstradition eines Gavin Bryars (»The Sinking of the Titanic«) oder Leyland Kirby (»Sadly, The Future Is No Longer What It Was«). Auch inhaltlich scheint es eine gewisse Nähe zu geben, herrscht in diesen Werken doch ein, gelinde gesagt, skeptischer Blick in Richtung Zukunft vor. Ihrer pessimistischen Haltung ringen Bing & Ruth dabei stets neue Facetten beschädigter Schönheit ab: In den dunkel-verwaschenen Epen, die sie zu einer neunteiligen Suite irgendwo zwischen Ambient und Reduktionismus verbinden, löst sich die Grenze zwischen akustischem Ensemblespiel und elektronischer Loop-Collage immer wieder auf und öffnet den Raum für differenzierte elektroakustische Nuancen. Oberflächlich harmlos, hat diese Musik einen verführerischen Sog, der seine Abgründe ganz beiläufig andeutet.
Tomorrow Was The Golden Age