Während der Herbst sich mit nasskalter Witterung dem Winter zuwendet und die Stadt in ein tristes Grau hüllt, kümmert sich Andy Stott erneut um die passende musikalische Untermalung. Stellte der Produzent aus dem Norden Englands auf »Luxury Problems« vor zwei Jahren seinem erdrückend schweren Zeitlupen-Techno mit der vokalen Unterstützung von Alison Skidmore eine humane Seite entgegen, so schließt »Faith In Strangers« mit despotisch betitelten Tracks (»Violence«, »On Oath«, »No Surrender« etc.) genau an dieser Schnittstelle an. Im Vordergrund steht erneut eine Auswahl von interessanten industriellen Samples und Klangelementen. Während »Time Away« uns mit melancholischen Synth-Klängen in einen düsteren Fabrikkeller hinunter geleitet, sticht aus »Violence« zu Beginn eine kratzige verstimmte Klangspitze hervor, die sich im weiteren Verlauf schwerfällig ausbreitet. »How It Was« und »Damage« plätten als metaphorische industrielle Abrisskugeln Betonruinen und Stahlträger, wie man es von Stott mittlerweile gewohnt ist. Herausstechend sind mit »On Oath« und dem titelgebenden »Faith In Strangers« diesmal vor allem zwei Tracks, auf denen Skidmores Gesang mehr Platz eingeräumt wird, als ein bloßes Säuseln im Hintergrund. Ersterer offenbart sich als elegante und beinahe zärtliche Downtempo-Variation, letzterer wirkt, man mag es in diesem Zusammenhang kaum glauben, überraschend sanft und hoffnungsvoll. Andy Stott hat sich auf »Faith In Strangers« vor allem im Bezug auf Songwriting und Komposition weiterentwickelt. Dadurch wirkt das Album insgesamt etwas weniger verschlossen und unzugänglich als seine bisherigen Veröffentlichungen. Nichtsdestotrotz ist »Faith In Strangers« wie zu erwarten genau der richtige Soundtrack für eine gepflegte Winterdepression.
Andy Stott
Never The Right Time
Modern Love