»Jugendbewegungen sind tot«, diagnostizieren durchschnittliche Lifestyle-Blogger seit gefühlt 1.000 Statusmeldungen, wenn die subkulturelle Grenzüberschreitungs-Bereitschaft der Generation WWW zwischen Spotify-Playlisten und Youtube-Empfehlungen mal wieder analysiert werden will. Seit mindestens der Hälfte dieser Posts geistern grim104 und Testo als Zugezogen Maskulin durch die Foren und dürften mit grims letztjährigem Feuilleton-Fame nun auch dem internetaffinen Gelegenheitsdigger untergekommen sein. Mit ihrem gemeinsamen Buback-Debüt »Alles brennt« stehen die zwei ewigen Wahl-Berliner nun vor der Aufgabe zu zeigen, dass sie mehr können als Supportslots für Kraftklub zu füllen, Props von Thees Uhlman abzusahnen und ein bisschen (Circus) Halli Galli zu machen. Denn aus dem Running Gag der Ur-Berliner/Zugezogenen-Diskussion ist mittlerweile ein Movement entwachsen, das sich zwischen »Steckrüben-Eintopf mit Hackfleisch« und »Türkisen Pyramiden« wie ein schmarotzender Schandfleck in die ach-so-ironischen Instagram-Abziehbilder deiner Facebookfreunde einnistet. »Die Kritik an den Hipstern kann die Hipster der Kritik nicht ersetzen«, zitiert man hier nicht nur eine Zeile aus der frühen Schaffensphase ihrer Buback-Kollegen Beginner, sondern dekonstruiert Satz für Satz die lässig-gemeinte Bedeutungslosigkeit der postmodernen Selfie-Gesellschaft zwischen PEGIDA-Demos und Rucola-Restaurants. Überdrehte Trap- und Down South-Anleihen summieren sich zu Pseudo-Freigeist-Fatras, Sozialbausiedlungs-Symphonien und Bauchmuskel-Dances für Yung Lean-Jünger. »Alles brennt« klingt, als würde eine aufgestachelte Jugendbewegung dem biederdeutschen Lifestyle-Blogger mal gehörig ins Gesicht spucken. Und nebenbei wie ein Kandidat für das beste Deutschrap-Album 2015.
Alles brennt