Review Rock

José González

Vestiges & Claws

Mute • 2015

Jetzt da Erlend Øye mittlerweile Sunshine Reggae auf Sizilien macht, muss ja jemand die skandinavische Akustik-Folk-Flagge weiter wehen lassen. Und keiner könnte das besser als José González, der zuletzt zwar hauptsächlich mit Junip als Teamplayer aktiv war, nun aber nach »In Our Nature« von 2007 mit seinem dritten Album als Solokünstler zurückkehrt. Weiterhin prägen seine einfühlsame Stimme und das unverkennbare Fingerpicking die Songs, die dieses Mal ganz ohne Cover auskommen, die den Schweden mit argentinischen Wurzeln überhaupt erst bekannt machten (u.a. The Knife, Massive Attack und Joy Division). Dieses erstarkte Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erkennt man auch an der zwar noch immer spärlichen, aber nun etwas breiteren Klangpalette, die wohl auch auf sein Band-Engagement zurückgeht. Wenn Percussions eingesetzt werden, dann präsenter als auf älteren Aufnahmen, wenn auch ähnlich subtil. Trotz der althergebrachten Zutaten gelingt es ihm, nie abgedroschen zu klingen; selbst seine Pfeileinlagen wirken nicht schmalzig. Im Gegenteil vereinen die zehn Songs auf eigene Weise Zärtlichkeit und Kraft, sie sind melancholisch und doch nie verzweifelt. Dafür sorgen auch die Texte, die von Naturbeschreibungen geradezu überquellen und González in »Let It Carry You« uns Grundsätzliches vor Augen führt: »To remind our restless souls of the beauty of being here at all.« Die Welt mag schlecht sein, aber wir sind wenigstens noch drauf – und haben nun »Vestiges & Claws« uns daran zu erinnern.