Die in Los Angeles ansässige Musikerin Julia Holter überzeugte vor allem mit ihren letzten beiden Alben »Ekstasis« und »Loud City Song« ganzer Linie und legt mit »Have You In My Wilderness« nun ihr deshalb heiß erwartetes viertes Album vor. Leider ist es (zumindest für meine Ohren) der bisherige Tiefpunkt ihrer Diskographie mit nicht wenigen gefälligen bis gar belanglosen Momenten. Die Instrumentierung ist meist pompös, die Texte geprägt von Mantra-haften Wiederholungen einzelner Zeilen in Refrains und Outros; wie etwa »The birds can sing this song« im beinahe sieben-minütigem »Lucette Stranded On The Island« oder »All the people run from the horizon« beim getragenen »How Long«. Abgesehen davon, dass uns alle der Horizont quasi umzingelt und man deshalb vor dem schwerlich davonrennen kann, verwechselt Holter scheinbar Komplexität ab und an mit kryptischen Metaphern. Auch biedert sie sich fast etwas zu sehr am Retro-80ies-Pop an (der ja momentan wieder en vogue ist), indem sie versucht, in »Night Song« mit viel Hall wie Goldfrapp vor 15 Jahren zu klingen oder neben Synths, Drum Machines und Streichern auch das derzeit schwer angesagte Saxophon präsent einzusetzen. Die wenigen Upbeat-Nummern, die die meist gediegenen, aber hoch-emotionalen Songs auflockern sollen, wirken allerdings eher austauschbar und generisch. Doch nach dem sehr pompösen »Betsy On The Roof« gelingt Holter mit „Vasquez“ doch noch ein spätes Aufblitzen ihrer Brillanz aus Cool-Jazz-Vibe, Spoken-Word-Performance und schwerelosem Pop der Marke Air. Als Fazit bleibt somit festzuhalten, dass Opulenz unausgegorenes Songwriting meist nicht ersetzen kann.
Have You In My Wilderness