The Chap haben auf ihrem sechsten Album den Pop-Appeal des Vorgängeralbums »We Are Nobody« nahezu vollständig abgelegt. Auf »The Show Must Go« regiert trotz unzähliger popkultureller Verweise und einigen eingängigen Refrains hauptsächlich energischer Krach – und der passt auch viel besser zu den wütenden Inhalten. Noch politischer als »Well Done Europe« von 2010 werden hier ohne Umwege gleich die großen Themen vom widersprüchlichem Leben im krisenhaften Kapitalismus angesprochen: ob mit »Joy In Depression« oder der Single »Jammer« (deren Text tatsächlich nur aus Gejammer besteht), ob Drohnen-Krieg, Jugend ohne Zukunft oder marktkonforme Bildung. Die gescheiterte EU-Politik wird eindrucksvoll mit »This Is Not What I Was Hoping For« kommentiert, während im Hintergrund lustig die »Ode an die Freude« gepfiffen wird – ganz groß. Die sloganhaften und trotzdem nie eindimensionalen Texte zusammen mit der Hinwendung zu krachigem, dissonantem Post-Punk mit Krautrock-Einschlag stellen The Chap, die bunte Truppe um Johannes von Weiszäcker, somit quasi in die Ahnenreihe von Die Goldenen Zitronen Diese haben ja mit »Flogging A Dead Frog« erst kürzlich englische Versionen ihrer Songs veröffentlicht und sind somit international lesbar geworden. The Chap gelingt mit »The Show Must Go« sozusagen das Gegenteil, nämlich ihren kosmopolitischen Ansatz nach »typisch deutscher Art« zu politisieren.
The Chap
We Are Nobody
Lo Recordings