Surgeon? Ein Spinner. Ein liebenswerter und denkbar unprätentiöser allerdings. Eigentlich auch eher ein Schelm. Er weiß, was die Leute anpisst und tut dann mit einer Konsequenz, derer wegen ihm niemand etwas vorwerfen könnte. Im Vorprogramm von Lady Gaga auftreten zum Beispiel – die Techno-Szene sah das nicht gern und verehrt ihn dennoch weiterhin. Mit »From Farthest Known Objects« macht er sich nun über Szenemythen lustig, bemerken wird das wohl kaum jemand. Er habe mit alter Hardware rumgedaddelt und es sei ihm so gewesen, als würden deren Sounds direkt aus weit entfernten Galaxien programmiert worden, heißt es. Ist natürlich ein doppelter Piss-Take in Richtung Jeff Mills’ behämmerten Sci-Fi-Opern und dem hartnäckigen Analog-Fetisch junger Stiernacken im Geiste, sprich Artists wie Blawan Ansome und co. Ein liebenswerter jedoch, denn schließlich ist er immer noch so etwas wie der Birminghamer brother from another zu Mills und der bärtige Papa im Geiste für die wilden Jungspunde. Letztlich jedoch brilliert »From Farthest Known Objects« mit einer Virtuosität und einem Ideenreichtum, die beide in den Schatten stellt. Die auf den Floor zielenden Tools hat Anthony Childs auf die zeitgleich erscheinende »Search«-EP ausgelagert. Hier geht es acht Mal darum, das rumorige Plappern der Maschinen in einen kohärenten und fruchtbaren Dialog zu bringen. Das gelingt ihm so gut wie schon lange nicht mehr. Selbst die repetitivsten dieser Stücke verlieren ihren eigenartigen West Midland-Funk nicht, sondern grooven sich selbst aus der Komfortzone der selbstgerechten Knöpfchendreher-Crew heraus. Surgeon mag ein Spinner sein, besser noch ein Schelm. Vor allem aber ist er ein Souverän, dessen musikalischer Einfallsreichtum sich immer noch einem Zweck unterordnet. Auf »From Farthest Known Objects« heißt der kaum mehr Techno und auch nicht das Experiment, erst recht nicht intergalaktische Eingebung. Sondern einfach nur Surgeon. Der reine Selbstzweck also, ein toller Streich.
From Farthest Known Objects