Review

Software

Digital-Dance

100% Electronica • 2017

Nach mir die Sintflut, nach der Party kommt die Afterparty: viele wichtige Fragen nach dem »Danach« hat die Menschheit bereits beantwortet. Ab Mitte der 70er-Jahre stellten sich einige Musiker die Frage, was nach dem Beat käme. Es folgten spontane Jam-Sessions, epische Gitarren- und Synthflächen, die Berliner Schule. Zu dieser zählen auch Peter Mergener and Michael Weisser aka Software. Deren 1988-Album »Digital Dance« macht auch einen Antwortvorschlag: nach dem Beat kommt das erschlagen Sein. Ganz schönes Lavalampen-Album, dürfte man aus heutiger Sicht auch kitschig finden. Saxophon, Drums in Samthandschuhen, glitzernde Synths equals Räucherstäbchen, Graureiher und Sonnenuntergang. Aber 2017 ist genau das richtige Jahr für eine solche Reissue. Chillout ist nicht mehr peinlich, die Erfolge von Labels wie Music From Memory Growing Bin Records oder Early Sounds bezeugen es. Bald dürfte man auch Café Del Mar wieder Ironie-frei hören dürfen, in kalten Zeiten scheint die Sehnsucht nach Ibiza groß zu sein. So dürfte sich auch keiner daran stören, dass sich doch oft sehr Scorpions-esque Gitarren vom geilen Teleshopping-Saxophon am pinken Pimmelchen rumspielen lassen. Ist halt sehr harmonisch das Ganze. Aber fairerweise muss man eben auch sagen: Vor fünf Jahren hätten die nun (richtig) fünf Jahre Älteren ironische Net-Art zu dieser Musik gemacht, das Windows 95-Logo, Delfine and shit. Heute streicheln sie sich das Kinn und fragen sich, ob es nicht als Distinktionsmerkmal viel besser wäre, sich für um die 100 Euro das Original zu kaufen.