Erika M. Anderson krankt am Zustand der Welt. Das war schon auf dem Vorgänger »The Future’s Void« so, auf dem sie sich mit Entfremdung durch Digitalisierung auseinandersetzte und uns fragte, ob wir wirklich unsere Selfies zum Lebensinhalt und Lebensunterhalt machen wollen. Mit dem neuen Album »Exile In The Outer Ring« richtet die Songwriterin den Blick nun auf die reale Welt, den »Outer Ring« der US-amerikanischen Gesellschaft: arme, abgehängte Menschen voller Wut und Verzweiflung auf verlassenen Parkplätzen, mit US-Flagge vorm Wohnwagen, aus der Stadt weggentrifiziert, verdrängt und vergessen. Sprich: Heimat einer Großzahl der Trump-Wähler. EMA will diesen soziokulturellen blinden Fleck aber weder als einen Armutsporno inszenieren, noch sich über die doofen Loser lustig oder gar mit ihnen gemein machen. Vielmehr versucht Anderson diese Menschen ernst zu nehmen, fragt nach ihren Ängsten und Wünschen, kanalisiert deren Wut (»I Wanna Destroy«) und findet zugleich immer wieder die richtigen Ansatzpunkte für Kritik an alle Schichten durchdringende Diskurse wie Sexismus (»33 Nihilistic and Female«) oder Rassismus (»Aryan Nation«). Zwischen Spoken Word und Industrial sind EMA dafür alle musikalischen Mittel recht und so folgt nach den sanften Gitarren des Openers »7 Years« mit »Breathalyzer« auch direkt eine Noise-Attacke erster Güte. Stets dem Song(inhalt) dienend hantiert Anderson noch souveräner mit quietschenden Synths, Punk-Gitarren und Pop-Refrains, sanftem Klavier und mechanischen Beats. Ihr Unbehagen gegenüber der momentanen Situation überträgt sich zwar auf die Zuhörenden, hat aber nichts Resignatives. Denn obwohl wir die Welt nicht allein und vor allem nicht grundlegend ändern können, so können wir uns mit EMA zumindest fragen, ob die Dunkelheit in ihr am Ende vielleicht aus uns selbst gekommen ist. Das klingt zugegeben etwas esoterisch, aber mit Kommunismus und Dialektik kommt man im Trailerpark einfach nicht weit.
EMA
The Future’s Void
City Slang