Während in letzter Zeit alt-eingesessener maskuliner Rock von Franz Ferdinand bis Queens Of The Stone Age eher langweilt, wissen immer mehr Frauen, die eine Klampfe zur Hand nehmen, zu überzeugen: von den Haim-Schwestern bis St. Vincent und von Eleanor Friedberger bis eben zu Courtney Barnett. Auf ihrem zweiten Solo-Album ist sie nach der mellow Cover-Kooperation »Lotta Sea Lice« mit Kurt Vile immer noch wütend so wütend wie auf dem Debüt »Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit«, ihre Texte sind nun noch direkter und persönlicher, voller Selbstzweifel, aber auch Hoffnung. Vor allem stellt sie die richtigen Fragen zu den wichtigen Themen, was ihrem eher gewöhnlichen Indie-Rock jede Menge Charme und Relevanz verleiht: Wie ändert die ständige Glorifizierung des eigenen Lebens (auf Instagram wie im analogen Alltag) unser Vertrauen in- und unseren Umgang miteinander? Wie geht man – zumal als öffentliche Künstlerin – mit Trollen und Hatern um? Courtney Barnett schreibt einfach gute Songs darüber; egal ob sie mit »You must be having so much fun; everything’s AMAZING« geschleckte Online-Profile ironisch für bare Münze nimmt oder ob sie gleich Hater-Kommentare für ihre Lyrics wie in »Nameless, Faceless« recycelt: »I could eat a bowl of alphabet soup and spit out better words than you.« Aus persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen schafft es Barnett, universelle Wahrheiten mit aktuellem Bezug in catchy Songs zu gießen. Ihre Palette reicht von angepisstem Punk (»I’m not your mother, I’m not your bitch«) über flotten Indie-Pop des Anwärters auf den besten Songtitel des Jahres »Crippling Self Doubt and a General Lack of Self Confidence« bis hin zum ruhigeren Schlussakkord mit »Keep on keeping on«-Singalong. »Tell Me How You Really Feel« klingt frisch und rund, hat Verve, Charme und Köpfchen; so macht man das meine Herren!
Tell Me How You Really Feel Black Vinyl Edition