Zu den Grenzbereichen des Wahrnehmbaren zog es Uwe Schmidt schon, als er in den Neunzigern unter dem Namen Atom Heart morphogenetische Felder (»Morphogenetic Fields«) und McKennas DMT-Dome (»Orange«) vertonte. Zu einer Zeit, in der Computer noch wie unbeholfene aber liebgewonnene Kinder behandelt wurden, hob der Frankfurter mit ihnen bereits in andere Sphären ab und zeigte hinter Pseudonymen wie Bund Deutscher Programmierer, Erik Satin, Naturalist oder Schnittstelle, dass brillante IDM-Skizzen nicht immer aus dem Norden Englands kommen. Mindestens drei Dutzend weitere Namen verwendete Schmidt seither für die Ausdehnung seiner Klangstudien auf alle Lebensbereiche des von der Natur entfremdeten Menschen. Zeitweise erscheint ein Album pro Monat auf seinem Label Rather Interesting, dessen Name den Backkatalog stilecht zurückhaltend umschreibt. Mäandert Schmidt zwischen surrealer Umgebungsmusik und extraterrestrischen Signalen wie mit dem 1994 veröffentlichten »Dots«, tritt sein Instinkt für rituelle Futurismen besonders deutlich zutage. Damals nur als CD erschienen, nahmen sich die stellaren Schatzsucher von Astral Industries dem LP-Reissue in diesem Jahr an und holen damit ein Album zurück ins Gedächtnis, das gut in die Gegenwart passt, weil es damals schon die Zukunft in ihrer opaken Absurdität erahnte. Über den 13-minütigen Titeltrack von »Dots«, scheinbar mit der verwahrlost bleependen Armatur der Nostromo produziert, streift das Gehört nicht ohne eine gewisse Anspannung, die im Unterwasserjazz eines »Seaweed« aber schnell ertränkt wird. Eher selten eindeutig zuzuordnen, schwankt das Album zwischen Stimmungen, auch im mystischen Stahlruinen-Ambient von »Stain (Dot)« oder dem tückischen Outro »Tonic Edge«, das anfangs noch freundlich Trommelfell und Amboss einbalsamiert, ab der zweiten Hälfte aber schleichend in bedrohliche Weiten entlässt. Hintergrundmusik ist das nur so lange, bis man bemerkt, dass der Hintergrund zur Umgebung geworden ist.
Dots