Review Jazz

Otis Sandsjö

Y-Otis 2

We Jazz • 2020

Liquider Jazz, die Fortsetzung? Part eins hatte Otis Sandsjö vor zwei Jahren schon über We Jazz veröffentlicht, nun fragmentiert der gebürtige Göteborger auf »Y-Otis 2« erneut die bereits gebrochenen Konventionen moderner Jazzmusik, inkorporiert Einflüsse aus Ambient, Hip-Hop oder Wonky und kritzelt in die noch spärlich beschriebenen Seiten des nächsten Genre-Kapitels. Synth-Loops und zersplitterte Drums jagen hier tänzelnden Klarinetten und Sax-Eskapaden hinterher, während der Bass von Petter Eldh synkopierten Schluckauf bekommt. Eldh ist neben Sandsjö bei sämtlichen Stücken als Komponist eingetragen und übernahm offenbar neben diesem auch die Produktion des Albums, was zu einer ganzen Reihe hochinteressanter Experimente führt, die nie komplett ins Freijazzige abdriften sondern stattdessen einfach sehr zugänglich bleiben. Stücke wie »Abysmal« oder das herrlich delirante »Ity Bity« durchlaufen regelrechte Metamorphosen, sind selbst nach dem zweiten und dritten Durchgang noch mit überraschenden Details versehen und oszillieren an den Übergängen von Aufregung und Entspannung. Das ließe sich auch über »Koppom« oder das abschließende »Atombahn« behaupten, deren Struktur sich mosaikartig zusammensetzt und schnell wieder auseinanderschlägt, um in neue Formen gebracht zu werden. Wahrscheinlich ist das auch mit dem Begriff »Liquid Jazz« gemeint: Stilistische und strukturelle Verpuppungen konsequent durchziehen, um sie immer und immer wieder aufreißen zu können. Gelingt das wie hier selbst mit dem zurückhaltenden Einsatz elektronischer Mittel, ist diese Formel auf lange Sicht unmittelbar erkennbar und trotzdem konstant frisch. Also bitte dabei bleiben.