Das Bild des von Mangelwirtschaft geprägten Kuba mit den längst zum Klischee gewordenen verfallenen Gründerzeitfassaden Havannas und seinen eines jahrzehntelangen Autoimportverbots wegen unfreiwillig patinierten Limousinen auf den Straßen davor ist bekanntlich nicht die vollständige Geschichte: In Sachen Musik hat der sozialistische Staat durchaus Innovationen zu bieten gehabt. Oder wie die von Gilles Peterson und Stuart Baker parallel mit einem gleichnamigen Buch herausgegebene Compilation zu »Cuba: Music and Revolution« suggeriert, gingen Sozialismus und Musik dort Hand in Hand. Ihre Zusammenstellung mit Beiträgen aus der Dekade von 1975 bis 1985 erweckt keinesfalls den Eindruck, dass die vertretenen Künstler der »Diktatur des Proletariats« überdrüssig geworden wären, zumindest scheint diese ihre Kreativität weder behindert noch gemindert zu haben. Stattdessen gibt es anderthalb Stunden geballte lateinamerikanische Energie, die sich in verschiedenste Richtungen entlädt. Bei Grupo Irakere etwa kamen zum Bigband-Sound afrikanische Batá-Trommeln hinzu, man nutzte Funk als Schmierstoff oder genehmigte sich ein paar Tropicalia-Erweiterungen im Synkopenganzen. Die Fundamente des Ganzen, seien es Mambo, Salsa oder Nueva Trova, stehen dabei vermutlich sicherer als manches Gebäude auf dem Inselstaat. Und wenn ein Musiker wie Pablo Milanés verkündet »Te Quiero Porque Te Quiero«, lassen sich kaum Einwände dagegen vorbringen. Bei der Musik gibt es ohnehin nichts zu diskutieren.
Gilles Peterson
Magic Peterson Sunshine
MPS