In den ersten vierzig Sekunden von »BRASS« droppt Moor Mother Verweise auf altertümliche mathematische Astronomie, ein Bibelzitat und ein paar krude Bilder zu Drogenkonsum außerhalb von Konzentrationslagern, bevor ihr Kollaborationspartner billy woods seine Zeilen über Flauberts Madame Bovary with the good hair (lol!?) nachschieben kann. Das umschreibt die Kernkompetenzen Camae Ayewas genauso, wie es ein Problem umreißt: Die Rapperin, Lyrikerin und Experimentalmusikerin sucht immer die Zusammenarbeit mit anderen und steckt sie doch mit ihren gleichermaßen hochkonzeptuellen wie assoziativ fließenden Rhymes in die Tasche. Aber »Furies« ist einerseits nur der erste von 15 Tracks und das Armand-Hammer-Mitglied nicht der einzige, der sich mit Ayewa diese Platte teilt: Die Jazz-Avantgardistin Amirtha Kidambi, Franklin James Fisher von der Gospel-Punk-Band Algiers, die R’n’B-Sängerin Wolf Weston von Saint Mela und noch andere sind ebenfalls Teil dieses Albums, das sich in seiner Gänze monumental anfühlt und im Kleinen doch intim und nahe ist. Auf relativ klassischen Hip-Hop-Beats, narkotischen Trip-Hop- und Chopped-and-Screwed-Anleihen und nah am Industrial gebauten Maschinenfunk werden nicht nur jede Menge Jazz-Anleihen hörbar, sondern kommen alle mehr oder minder gleichberechtigt zu Wort. Und obwohl Moor Mother nur eine Line wie »The blues remembers everything the country forgot« zu intonieren braucht, um den gellenden Flow billy woods‘ und die Beiträge aller anderen Studiogäste mit einem Streich in die zweite Reihe zu verweisen: »BRASS« mag als Kollaborationsalbum zwar von einem Ungleichgewicht geprägt sein, ist aber doch bis in jedes Detail hinein ein Community-Produkt. Und musikalisch ebenso abwechslungsreich wie vielschichtig obendrein.
BRASS