1931 in Rom geboren und Ende 2020 ebendort gestorben, zählt Sandro Brugnolini zu den Legenden des italienischen Library-Music- und Soundtrack-Genres. Als Saxofonist war er Mitglied der Modern Jazz Gang, bevor er sich auf Filmmusik verlegte. Mit »Utopia« machen die Reissue-Spezialisten Sonor Music Editions erstmals ein Album wieder greifbar, das 1972 nur in Kleinstauflage bei Gemelli erschien und im Original für dreistellige Summen den Besitzer wechselt. Verständlich, denn die acht Tunes, nun um zwei Alternate Takes ergänzt, bilden ein Collier von Lounge-Jazz-Funk-Perlen, das seinesgleichen sucht. Vielfach im Zentrum der raffiniert und farbreich orchestrierten, unter der Stabsführung von Franco Tamponi eingespielten Stücke: der auch für die Arrangements verantwortliche Giorgio Carnini an der Hammond-Orgel oder am Piano. Brugnolini befindet sich hier auf dem Zenit seiner Kreativität: Auch ohne konkreten Medienverbundhintergrund denkt der Komponist hier in Score-Kategorien: »Giuggi« und »Anna« fallen ins romantische Fach, »Supermarket« und der aus dem Ruder laufenden Verfolgungsjagd »Ritorno In Macchina« könnten dagegen Szenen aus einem Thriller untermalen, während »Chiostro« jedem Melodram zur Ehre gereichen würde. »Sepoltura« gehört dem Giallo-, »Utopia« – selbstredend – dem Science-Fiction-Genre an. Spürbar genießt Brugnolini indes die Freiheiten, die er sich hier nehmen kann, und nutzt sie für diese ungemein aparten Parodien. Großes Kino, auch ohne Film.
Utopia