Ui, ein neues Rap-Album von Doseone! Die Freude ist groß – zumindest bei all jenen, die um die Jahrtausendwende in den obskuren Outskirts des US-Hip-Hop gewildert haben. Riesengroß!
Doch auch die Furcht ist nicht klein: Was, wenn es sich um ein unnötiges, mittelmäßiges, womöglich konventionelles Spätwerk handelt? Immerhin liegt Doseones erste Solo-LP mittlerweile 27 Jahre zurück. Zwar war er zuletzt noch mit dem Projekt A7pha aktiv, das sich zwischen seine Videogame-Vertonungen schob – doch die Skepsis bleibt. Zumindest bis zum ersten Takt. Denn »All Portrait, No Chorus« lässt von Beginn an keinen Zweifel: Hier geschieht Großes. Und: Doseone bleibt unvereinbar mit Konventionen.
Mit dem New Yorker Producer Steel Tipped Dove aus dem Backwoodz-Umfeld hat er den idealen Partner für seine schwer greifbare Weirdness gefunden. Seine polyrhythmischen Rapid-Fire-Raps funktionieren prächtig auf dessen vertrackten Beatgerüsten – angriffslustig, kryptisch wie eh und je, höllisch intensiv, abstrakt bis zum Mindfuck. Und doch: stellenweise laid back, beinahe spoken word. Siehe »That Work« oder »Untouchable«, wo sich Instrumental und Rap geschmeidig und packend verschränken – bis es in Tracks wie »Restaurant Not«, »Ta Da« und »Epinephrine Pen« zur Kernfusion kommt. Auch die Feature-Gäste lassen sich sehen: Open Mike Eagle, Fatboi Sharif, M. Sayyid (Antipop Consortium), Label-Chef billy woods und Myka 9 (Freestyle Fellowship) – allesamt Garanten für Kunstfertigkeit jenseits des Herkömmlichen, die sich mächtig ins Zeug legen, um neben Doseone zu bestehen.

All Portrait, No Chorus