»Standing in the dark / Watching you glow / Lifting a receiver / Nobody I know«. Rätselhafte Zeilen, mit distanzierter Stimme vorgetragen, teils gesungen, teils gesprochen, beides in nüchtern-britischer Manier: »Underpass« von John Foxx, die erste Single seines Debütalbums »Metamatic« von 1980, ist ein früher Höhepunkt des Synthiepop. Synthesizer und Drumcomputer kommen darin so zum Einsatz, wie sie sollten. Hier klingt nichts wie bei einer Band, die von Hand ihre Instrumente spielt. Der Strom selbst scheint die Musik zu machen.

Metamatic 45th Anniversary Grey Vinyl Edition
Das war auch die Absicht von John Foxx, der zuvor als Sänger der Band Ultravox elektronische Klänge nur in Verbindung mit der klassischen Besetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug erproben konnte. Nachdem er im Frühjahr 1979 bei Ultravox ausgestiegen war, machte er sich daran, seine eigenen Vorstellungen konsequent zu verfolgen. Doch während es in der Avantgarde-Musik längst selbstverständlich war, Synthesizer zu nutzen, um unbekannte Klänge zu schaffen, ließ sich das im Pop, wie er feststellen musste, zunächst nicht so einfach verwirklichen.
Der Drumcomputer CR-78 mit seinen trockenen Beats, die kaum an ein akustisches Schlagzeug erinnern, ist eines der Elemente, die zum fremdartig spröden Sound von »Metamatic« beitragen. Foxx war bei der Arbeit am Album in entschieden visionärer Mission unterwegs, sah sich in aller Bescheidenheit als »Marcel Duchamp des Elektropop«. So ganz unpassend ist der Vergleich nicht, immerhin sollte sein Solodebüt eines der ersten britischen Alben seiner Art werden.
Synthesizer und Stimmen wurden mitunter durch Gitarren-Effektpedale geschickt, Dinge, bei denen die meisten Toningenieure sich schlicht geweigert hätten.
Dass die Platte überhaupt den futuristischen Ideen von Foxx gerecht wurde, war zum Teil das Verdienst des jungen Toningenieurs Gareth Jones, der die Aufnahmen in den Londoner Pathway Studios betreute. Jones erwies sich zum Glück von Foxx als sehr aufgeschlossen für neue Ideen.
Positive Erfahrungen mit Toningenieuren machte Foxx erstmals mit dem Krautrock-Pionier Conny Plank, der als Produzent am Ultravox-Album »Systems of Romance« beteiligt war. In Gareth Jones traf er jetzt wieder auf einen gleichgesinnten Entdeckergeist. Die zwei nutzten teils sehr einfache Mittel für neue Klänge. So wurden Synthesizer und Stimmen mitunter durch Gitarren-Effektpedale geschickt, Dinge, bei denen die meisten Toningenieure sich schlicht geweigert hätten.
Eine neue Welt im Pop
»Metamatic« hat als Resultat eine Kälte, die selbst Kraftwerk, die Foxx als eines seiner Vorbilder dienten, nie erreichten. Wobei man es mit diesem Bild nicht übertreiben sollte. Bei aller Zurückgenommenheit gestattet Foxx seiner Stimme immer wieder Momente von dezenter Expressivität. Und so ganz stimmt es mit dem ausschließlich elektronischen Klang auch nicht. Als Gastmusiker steuert Jake Durant gelegentlich Basstöne bei, gleich im ersten Song, »Plaza«, zu hören. Und zumindest einmal, in der Single »No-One Driving«, kommen vereinzelt Klavierakkorde in den Mix. Dafür ist insbesondere der Song »Metal Beat« von vorbildlicher Alienhaftigkeit.
Sein Debüt war der Auftakt für eine »neue Art von Mensch« in der Musik.
Die wenig greifbare Atmosphäre von »Metamatic« verdankt sich überdies den assoziativen Texten, für die sich Foxx von Vertretern der experimentellen Literatur wie dem Schriftsteller J. G. Ballard inspirieren ließ. Sowohl »Underpass« als auch »No-One Driving« und »Plaza« greifen dessen Faszination für Technik auf, seien es Autos oder Architektur.
»Metamatic« schuf eine metallisch flirrende Welt, wie man sie bis dahin nicht kannte. Foxx bot damit einen Entwurf von Pop, der verstörte, ohne komplett zu verschrecken wie bei radikaleren elektronischen britischen Bands wie Cabaret Voltaire oder Throbbing Gristle. Sein Debüt war vielmehr der Auftakt für eine »neue Art von Mensch« in der Musik, wie sein Song »A New Kind of Man« programmatisch versprach. Er sollte für Foxx lange Zeit einmalig bleiben.
Mit seinen folgenden Alben »The Garden« und »The Golden Section« knüpfte er wieder stärker an seine Phase bei Ultravox und seine Glam Rock-Erfahrung mit der Band Tiger Lily an. Mitte der achtziger Jahre unterbrach er seine Karriere als Musiker und arbeitete als Grafiker. Doch Techno und Ambient begeisterten ihn seit den Neunzigern so sehr, dass er regelmäßig neue Platten veröffentlichte. Auf »Metamatic« kam er dann 2011 zurück, als er zusammen mit dem Produzenten Benge eine Reihe von Alben begann, die den Stil seines Debüts aufgriffen. Das aber bleibt unerreicht.