Amanda Kramer und Britt Brown waren gerade frisch zusammengekommen, da hatten sie einen Impuls: Lass uns ein Label gründen! Beide verspürten schon länger den Drang, ein kreatives Projekt zu starten, in dem sie ihre Ideen frei entfalten konnten. Amanda, die während ihres Studiums in Boston bereits ein kleines Kassettenlabel betrieben hatte, schlug vor, gemeinsam etwas Ähnliches aufzubauen. So begannen die ersten Schritte für Not Not Fun, als Britt und Amanda Lo-Fi-Songs auf einem 4-Spur-Rekorder aufnahmen. Ihr Ziel: Musik und Verpackung sollten bewusst handgemacht, genreübergreifend und unperfekt sein – ein kreativer Gegenentwurf zu den sterilen, industriell verpackten CDs, die damals den Markt dominierten.
Alley Of The Sun
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Zwar sind die beiden weiterhin befreundet, das Label betreibt Britt allerdings inzwischen alleine. Für ihn geht es bei Not Not Fun um weit mehr als Genres. Er beschreibt die Essenz des Labels als eine »Sensibilität«. Er erklärt, dass es nicht um eine stilistische Einengung geht, sondern um ein gemeinsames Gefühl, das alle Not Not Fun-Veröffentlichungen verbindet. Diese Sensibilität liegt in der Offenheit gegenüber Musik, die sich den gängigen Kategorien entzieht. In den frühen 2000ern war die DIY-Szene in Los Angeles nämlich ein wilder Schmelztiegel: Noise-Rock, Bedroom-Indie, Drone und Synth-Punk koexistierten und vermischten sich auf unkonventionelle Weise. Not Not Fun nahm diesen Geist auf, förderte Künstler:innen, die sich trauten, Grenzen zu verwischen und neue Klänge zu erforschen. Darunter unter anderen Maria Minerva, Purple Pilgrims und Mai Mai Mai.
»Musik zu machen ist eine der größten Freuden auf diesem Planeten. Jeder nachfolgende Aspekt des Musikgeschäfts ergibt sich daraus. Ich bin der Überzeugung, dass jeder, der von Sound fasziniert ist, ein paar Jahre in einer Band spielen sollte, unabhängig von seinen Fähigkeiten. Intuition und Kreativität sind genauso wichtig wie Können.«
Brit Brown
Britts eigene musikalische Projekte, wie LA Vampires, Pocahaunted und Robedoor, haben seine Sicht auf die Arbeit als Labelmanager stark beeinflusst. Für ihn ist Musik weit mehr als nur Melodie oder handwerkliches Können, sie ist auch ein psychischer und sozialer Anker. Diese Überzeugung prägt auch die Philosophie von Not Not Fun, denn Gemeinschaft, soziale Kontakte und Freundschaften spielen eine zentrale Rolle in der Arbeit des Labels. Für Britt ist das Gefühl von echter Verbundenheit mit den Artists essenziell.
Verbeultes für die Ewigkeit
Auf die Frage, ob Britt persönliche Rituale oder Gewohnheiten hat, die ihm bei der Entwicklung neuer Konzepte helfen, erzählt er, dass seine Inspiration meistens aus den unerwartetsten Quellen sprudelt. Zum Beispiel aus versteckten Secondhand-Kassetten- und Plattenläden. »Eine verbeulte, vergessene Kassette aus einer Kiste zu ziehen und sie zu betrachten – das Label gibt es nicht mehr, die Songs sind unbekannt, der Künstler ist nur ein Name – aber die Musik auf diesen Spulen ist immer noch da und bereit, ins Deck eingelegt und abgespielt zu werden.«
Für ihn ist es ein wahres Wunder, dass Musik noch lange Zeit später immer noch so lebendig und authentisch wirkt: »Ob sie transportierend, verstörend, mehrdeutig oder schön ist – was man in ferner Zukunft darin findet, ist faszinierend. Niemand wird sich daran erinnern, ob die Musik einst cool war, ignoriert, kritisiert oder verehrt wurde. Es geht nur um die Klänge selbst, eingeschlossen in dem Objekt und darum, sie neu zu erfahren.«
Der Gedanke, dass Musik alles überdauern kann, motiviere ihn, weiterhin neue kreative Wege zu gehen. Nach 20 Jahren Labelarbeit hat Britt mit Not Not Fun Records vor allem ein Ziel: die eigene Verbindung zur Musik und zur Sensibilität dieser zu bewahren. Für ihn ist das Veröffentlichen von Musik ein Akt des Eskapismus, ein Prozess, bei dem er alles Negative ausblendet, um sich ganz auf das Wesentliche zu konzentrieren: auf die Essenz der Aufnahmen. Mit der Sensibilität für das Unperfekte, das Ungehobelte und das Handgemachte hat Not Not Fun eine Plattform geschaffen, auf der Außenseiter:innen und Pionier:innen gleichermaßen Platz finden. Die Veröffentlichungen sind Ausdruck einer kreativen Freiheit, die jenseits des Mainstreams atmet – genau das ist es, was das Label nach zwei Jahrzehnten und hoffentlich auch für die nächsten 20 Jahre so einzigartig macht.