Review

Cassandra Jenkins

My Light, My Destroyer

Dead Oceans • 2024

Was passiert, nachdem man den eigenen Tiefpunkt überschritten hat? Wenn es bergauf geht, aber kein Gipfel da ist, den man anstreben könnte? Solche Fragen durchziehen »My Light, My Destroyer«, das neue Album von Cassandra Jenkins. 2021 entwarf die Art-Pop-Songwriterin auf »An Overview on Phenomenal Nature« noch von Pseudo-Intellektualismus und depressiver Starre geprägte Lebenswelten. Drei Jahre später dokumentiert »My Light, My Destroyer« Bewegung. »Devotion« eröffnet das Album in gewohnt melancholischer Weise: gehauchter Gesang, sanfte Gitarren, vorsichtig schwebende Synths. Jenkins wirkt wie eine gebrochene Künstlerin. Doch sie insistiert: »Don’t mistake my breaking open for being broken.«

Der Follow-Up »Clam’s Casino« legt nach. Es ist ein konventioneller Indie-Song. Geprägt von einem eingängigen Beat, Ohrwurm-Refrain und lyrischen Call-Backs ist er wie zum Mitsingen gemacht. Vollzieht Jenkins auf »My Light, My Destroyer« einen Stilwechsel zum Kommerz-Darling? Nein. Breits das nächste Stück ist Ambient mit Sprechgesang. Cassandra Jenkins spielt mit Erwartungen wie mit einem Instrument. »My Light, My Destroyer« fühlt sich stets wie ein Konzeptalbum an, bei dem selbst die kleinste Entscheidung bewusst gesetzt wurde. Wer von ausreichend Schwermut (und, ehrlicherweise, einer gewissen Prätentiösität) geplagt ist, mag in ihm einen hoffnungsvollen Begleiter finden. Er deutet an, dass es keinen Zusammenbruch ohne ein Aufbrechen verkrusteter Strukturen gibt.