Review

Ezra Feinberg

Soft Power

Tonal Union • 2024

Die Psychoanalyse hat in diesem Jahrtausend merklich an Glanz verloren. Wer heute meint, in Sachen Seelenkenntnis etwas zu bieten zu haben, setzt inzwischen eher auf Neurowissenschaften. Doch bis auf Weiteres gibt es praktizierende Analytiker. Zu ihnen gehört Ezra Feinberg, der neben seiner therapeutischen Tätigkeit sogar noch Zeit zum Musikmachen findet. Und wie sein jüngstes Album »Soft Power« auf die im Titel genannte sanft bestimmte Art deutlich macht, hat er auch auf diesem Gebiet etwas zu sagen. Bei seinem Ansatz fließt so einiges an Richtungen ineinander. Mal meint man, kosmische Bossa Nova zu hören, mal psychedelisches Easy Listening, und als durchgehendes Element die sich erst in steter Wiederholung entfaltenden Patterns, die an Minimal Music oder vielmehr an von dieser Inspiriertes denken lassen. Klingt alles vertraut, doch nie kopiert. Was von anderen stammt, ist hinreichend angeeignet, um am Ende Feinberg zu ergeben. Sanft geben sich auch die Klänge, Feinbergs Gitarre ebenso wie die Harfe von Mary Lattimore oder die Klavierbeigaben David Moores, ansonsten vor allem mit seinem Projekt Bing & Ruth aktiv. Jefre Cantu-Ledesma schließlich ergänzt am Synthesizer weiche Texturen und Melodien. Kleine Ausnahme ist das von einem Drumcomputer angetriebene »The Big Clock«, das sich zur Mitte hin etwas energischer steigert. Ob Neurowissenschaftler das wohl genauso mächtig weich hinbekämen?