Matthew Bruce ist süchtig nach Schallplatten. Er besitzt mehrere Regalmeter an seltenen Folk-45s aus den 1960ern, 70ern und 80ern. Viele wechseln bei Discogs für dreistellige Dollarbeträge die Plattensammlung, die meisten habe er digitalisiert, 775 auf seinem YouTube-Channel hochgeladen, manche spielt er in seiner Radioshow bei NTS. »Ich hab mir Tausende schreckliche Platten angehört, damit ihr es nicht tun müsst«, schreibt der in Los Angeles lebende Bruce dort. Auf Forager Records, das er seit Pandemiebeginn betreibt, landet nur der feinsortierte Cut, ein Destillat aus Stunden des Diggens und Wühlens in amerikanischen Plattenläden und Privatsammlungen.
»Nachdem ich meine Funde immer wieder hochgeladen hatte, wollte ich die Sache vorantreiben«, so Bruce im Interview mit Resistormag. »Also begann ich, mich mit den Künstlern, die ich auf den alten Platten hörte, zu connecten – um ihre Musik offiziell zu lizenzieren und einem größeren Publikum zugänglich zu machen.« Der gelernte Grafikdesigner fand mit Sam Hirschfelder einen Businesspartner, der wusste, wie man die Masterbänder überspielen konnte. Vergangenen März erschien mit der Hippie-Compilation »Child Of Nature« die siebte Platte über Forager.
Mit freundlichen Grüßen vom verschimmelten Plattenturm
Dass Matthew Bruce ausgerechnet an Compilations Gefallen gefunden hat, lässt sich auf die Sucht seines Gründers zurückführen. »Diese Zusammenstellungen enthalten Tausende von Stunden, in denen ich mich durch Plattenstapel gewühlt und Artworks inspiziert habe. Was am Ende auf die Platte kommt, zeigt, wie viel seltene, unbekannte und obskure Musik existiert. Und vielleicht inspiriert es jemanden, sich ebenfalls stundenlang in schmuddeligen Kellern durch verschimmelte Plattentürme zu wühlen.«
Bevor Bruce am 2. Juni 2023 sein Plattenköfferchen in den HHV-Store in Berlin schleppt, hat er für uns einen Mix aufgenommen. Wie gewohnt hält er die Woodstock-Vibes hoch – mit Folk-Rock und Freie-Liebe-Funk aus der US-amerikanischen Musikvergangenheit.