Aigners Inventur – September 2018

12.09.2018
Nebenkostennachzahlungen bei Eminem, Instagram-Tutorials von Travis Scott, Tapetenanalyse mit YG: mal wieder keine Ahnung was der Aigner hier macht, aber dank Djrum hört die Inventur dann doch irgendwann auf ihre niedrigen Instinkte.
Eminem
Kamikaze Olive Green Vinyl Edition
Interscope • 2018 • ab 31.99€
Ein neues Album von Eminem fühlt sich für mich immer an wie ein Nebenkostennachzahlungsbescheid. Glücklicherweise hat dieses Video eh bessere Pointen als ich sie mir je ausdenken könnte.

Nicki Minaj
Queen
Republic • 2018 • ab 16.18€
Also direkt weiter mit Nicki Minaj, deren bizarrer Roll-Out für »Queen« in erster Linie von Dünnhäutigkeit und unlustigen Spitzen gegen Presse, Travis Scott, Cardi B und und und geprägt war. Hilft nicht unbedingt, dass »Queen« auch die echten Novelty-Hits fehlen, aber immerhin reanimiert Nicki auf den beiden Highlights Foxy Brown und Biggies Feuchttraumferkeleien.

Travis Scott
Astroworld
Epic • 2018 • ab 27.99€
Travis Scott hat mit »Astroworld« das ultimative Fortnite-Versteher-Album produziert und trotzdem fühle ich mich vom Goodiemob-Sample, der stabilen Seitenlage von »Butterfly Effect« und natürlich dem DJ Screw-Tribut auch abgeholt als jemand, der vor zwei Wochen googlen musste wie man eine Instagram-Story erstellt.

Denzel Curry
TA1300
Loma Vista • 2018 • ab 32.99€
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Insgeheim das beste Rap-Album des Monats kommt aber von Denzel Curry (diverse Young Thug-Peaks auf dessen neuem Tape mal ausgeblendet). »TA1300« ist das mit Abstand variantenreichste Denzel-Curry-Werk, auf dem mit größter Selbstverständlichkeit Post-Purrrrrpismen mit Drill-Brettern und ATL-Balladen bekannt gemacht werden.

YG
Stay Dangerous
Def Jam • 2018 • ab 43.99€
Wobei ne, eigentlich muss der Gürtel an YG gehen, weil YG YG ist. »Stay Dangerous« ist außerdem Stagnation, aber YG bleibt halt der letzte Echte da draußen, der auch vor der Chinarestauranttapete und mit Fetischwestchen absolute Autorität ausstrahlt. Zeitlos souverän, Suu Whoop.

Autechre
NTS Sessions 1
Warp • 2018 • ab 39.99€
Ich habe der Rezension unseres Autechre-Flüsterers Jens Pacholsky absolut gar nichts hinzuzufügen, außer vielleicht, dass vielleicht wie absurd es ist ist, dass einer der dienstältesten Warp-Acts immer noch der radikalste und synapsensprengendste ist. Oh und ey DJs: traut euch in eurem nächsten 33RPM-Goa-Set mal an »Dummy Casual Pt.2« ran, ihr Feiglinge!

Djrum
Portrait With Firewood
R&S • 2018 • ab 32.99€
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Natürlich sollte man niemandem die Bürde des Autechre-Vergleichs aufhalsen, aber zumindest in Sachen Sounddesign-Pedanterie wurde in diesem Kontext der Name Djrum in den letzten Jahren doch das ein oder andere Mal erwähnt. Natürlich ist dessen erstes Album in der Theorie eine Sensation: Rhythmus, Patterns, Melodien – der Typ kann’s einfach. Erleichtert war ich dann aber trotzdem, als nach zaghaftem Intro und etwas zuviel Burial-Step 2009, zu Beginn mit »Creatures Pt.2« und »Sex« auch meine niederen Instinkte rafften, dass hier alles geht. Extra Fistbump dann auch dafür, den letzten Track »Blood In My Mouth« zu nennen, weil davor… ach, jetzt hört halt einfach selber.

Djrum
Portrait With Firewood
R&S • 2018 • ab 32.99€
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Dorian Concepts Mucker-Credentials sind ebenfalls unbestritten, meine Aufmerksamkeitsspanne für Rustie in der Fusionfalle war allerdings nach 15 Minuten zu Ende, weswegen ich keine Ahnung habe, ob »The Nature Of Imitation« nach dem fünften Track noch zur Sensation des Jahres avanciert.

Big Noyd
Usual Suspect
Tommy Boy • 1996 • ab 11.99€
Wobei Dorian Concept auch ohne Frage darunter litt, dass mich Ratgrave in der Albummitte mit etwas zu viel MPCJazzfunkrhodestheohouse daddelig geknetet hatten. Glücklicherweise spielt das nach einem furiosen Albumbeginn, der auch erklärt warum das auf Apron erscheint, und einem völlig freigeschwommenen Ende eigentlich keine Rolle mehr. Gutes Album der Herren Graef und Conrad.

Shinichi Atobe
Heat
DDS • 2018 • ab 23.99€
Neue Atobe auf DDS, heißt »Heat« und ist freilich unangreifbar, weil 2018 sonst quasi niemand mit loopigem Bauhouse (sorry, very sorry) im Albumformat über Nacht eine Erstauflage ausverkauft und die Sharks damit auch noch Recht haben. Da langweilt mich nicht einmal der toolige Percussion-House von »Heat 1«, obwohl dieser rein formal gar nicht so weit entfernt von Frankfurt 2007 ist und »Heat 4« klingt, als hätte Isolee vergessen den Rechner runterzufahren.

Helena Hauff
Qualm
Ninja Tune • 2018 • ab 27.99€
Doch überraschend viel auf’s Maul von der Presse gab’s bisher für »Qualm«, vermutlich weil Helena Hauff unweigerlich auch an ihren nähmaschinigen DJ Sets gemessen wird und »Qualm« im Gegensatz zum immer noch unterbewerten Vorgänger »Discreet Desires« durchaus versucht, sich mit deren Energielevel zu messen. Pro forma gelingt das auch stellenweise, die besten Tracks passieren Helena Hauff aber nach wie vor, wenn sie sich vom Floor löst.

Vielleicht überzeugen die Vangelis-Synths bei Hauff auch deswegen nicht immer, weil Jason Letkiewicz diesen morbiden Frühachtziger-OST-Shit besser drauf hat als der Rest. Als Death Commando lässt er zum zweiten Mal auch Chef-Emulator Legowelt in Sachen creepy DIY-Synth-Core hinter sich und wenn irgendein Trottel jetzt »Stranger Things« brüllt, hackt ihm »Pattern Nightmare« mit der Machete die großen Zehen ab.

Ramzi
Phobiza "Amor Fati" Volume 3
Fati • 2018 • ab 18.99€
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Mir fiel ja schon bei unserem Suba-Circlejerk auf, dass die beste Ramzi Platte gar nicht von ihr gemacht wurde, aber trotzdem ist auch der drittel Teil ihrer »Phobiza«-Reihe natürlich gut. So feverpitchig programmiert von den ganzen neuen Fourth Worldlern eigentlich immer noch keiner und je mehr dieser Tribal-Exotismus von trashigen Youtube-Sounds und Reggaeton-Rhythmen unterwandert wird, desto gesünder.

Tirzah
Devotion White Vinyl Edition
Domino • 2018 • ab 24.99€
Das neue Tirzah Album sollte mir eigentlich egal sein, es kam dann aber anders. P4K hat bereits den USP Imperfect Pop Music ausführlich verhandelt, aber insbesondere produktionstechnisch ist »Devotion« schon ein bemerkenswert subversiver Brainexplosion-Emoji, weil das eben keine PAN-, sondern eine Spiegel Online Platte ist.

Blood Orange (Dev Hynes aka Lightspeed Champion of Test Icicles)
Negro Swan Orange Vinyl Edition
Domino • 2018 • ab 23.99€
Das Tirzah Album ist außerdem auch besser als die neue Blood Orange. Das hätte ich jetzt gerne mit einem selbstgefälligen »yeah, I said it« pointiert, kommt aber nach dieser Kolumne halt auch nicht mehr überraschend.

Yves Tumor
Safe In The Hands Of Love
Warp • 2018 • ab 38.99€
Poah, zum Schluss noch »Safe In The Hands Of Love«. Ich liebe Yves Tumor, jeder liebt Yves Tumor. So sehr, dass ich mich gezwungen habe bei »Recognizing the Enemy« nicht an Linkin Park zu denken und »Lickin An Orchid« als Trickster-Britpop zu glorifizieren anstatt als belanglose Gorillaz-B-Seite. So sehr, dass ich so getan habe, als hätte mich »Hope In Suffering« ähnlich mitgenommen wie die Hades-Fahrten auf »Serpent Music«. So sehr, dass ich einen Essay über die perverse Diskrepanz zwischen Lyrics und Musik auf »Void« schreiben wollte, anstatt Toro Y Moi-Mediokrität zu wittern. So sehr, dass ich bei »Economy Of Freedom« nicht über dessen James Blake’ismen gewitzelt habe. Fuck, Yves, ich glaube wir müssen halt doch reden.